Solingen Konjunktur für Jobs auf Zeit

Solingen · Von Zeitarbeitern und Arbeitnehmern mit befristeten Arbeitsverträgen hatten sich Unternehmen im Verlauf der Wirtschaftskrise zuerst getrennt. Immer mehr Jobs sind wegen der unsicheren Zukunft zeitlich befristet.

Befristete Stellen haben derzeit Hochkonjunktur – zum Leidwesen vieler Arbeitnehmer, denen so jegliche Lebensplanung verbaut wird. "Man bekommt einen befristeten Vertrag, der wird verlängert und verlängert – bis einen der Arbeitgeber übernehmen müsste", schildert eine Solingerin Ende 40. "Dann aber fällt ihm ein, dass es billiger geht: Mit einem Hartz-IV-Empfänger, für den es auch noch eine Förderung gibt." Schon einige Male sei sie so ersetzt worden, ärgert sich die Mutter von erwachsenen Kindern und meint: "Das ist Missbrauch von Sozialleistungen, und er ist auch noch legal."

"Die Firmen sind gerade in der Krisenzeit vorsichtiger geworden, weil sie nicht wissen, was die Zukunft bringt", sagt Hans-Peter Pollmann. "Wenn es die Möglichkeit der befristeten Arbeitsverträgen nicht gäbe, würde ein Arbeitgeber verstärkt überlegen, ob er überhaupt neue Arbeitsplätze zur Verfügung stellt", begründet der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes (AGV) Solingen.

Befristet maximal zwei Jahre

Arbeitsverträge mit befristeter zeitlicher Dauer habe es schon immer gegeben, aber in der Krisenzeit werde davon stärker Gebrauch gemacht. "Wenn wir nicht einen so rigiden Kündigungsschutz in Deutschland hätten, wäre die Befristungsregelung nicht so beliebt", räumt Pollmann ein. Die erschwerte Kündigung hätte Arbeitgeber schon immer bewogen, zeitlich begrenzte Verträge mit Arbeitnehmern abzuschließen. Das ist laut Teilzeit- und Befristungsgesetz maximal bis zu zwei Jahren möglich – drei Mal in dieser Zeit könnten Verlängerungen von je einem halben Jahr vereinbart werden.

"Ist der Arbeitsvertrag befristet, läuft er automatisch aus." Gleichwohl würden viele befristete Arbeitnehmer in der Regel auf Dauer übernommen. "Kein Arbeitgeber trennt sich von guten Beschäftigten."

"Besser einen befristeten Arbeitsvertrag als gar keinen" – Ute Ackerschott, Leiterin der Agentur für Arbeit, hat insbesondere Anfang 2009 auf dem Solinger Arbeitsmarkt einen immensen Anstieg der Erwerbslosen gezählt: "Viele Unternehmen hatten sich wegen der Wirtschaftskrise von befristet Beschäftigten getrennt. Auch deshalb, weil sonst keine Kurzarbeit hätte eingeführt werden können." Wenn es wegen der Auftragslage eng werde für die Unternehmen, seien Zeitarbeiter oder aber befristete Arbeitnehmer die ersten, von denen sich das Unternehmen trenne. An den Fachkräften werde möglichst festgehalten.

Im Februar bekam die Arbeitsagentur 270 neue Stellen gemeldet, gut ein Viertel davon war zeitlich begrenzt, die meisten zwischen drei und sechs Monaten. Dass mit befristeten Arbeitsplätzen die Lebensplanung schwierig und "sicher ein Nachteil" ist, sieht auch Ackerschott: "Man kann aber heutzutage nicht mehr davon ausgehen, ein Leben lang nur bei einem Arbeitgeber zu sein. Die Zeiten sind vorbei, da werden wir uns umstellen müssen."

(RP)
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