Solingen Kinderhospiz: Ein Ort des Lebens, ein Ort des Abschieds

Solingen · Seit rund zehn Wochen ist das Bergische Kinder- und Jugendhospiz Burgholz geöffnet. 42 Familien mit schwerst kranken Kindern haben dort seitdem ein zweites Zuhause gefunden.

Die Holzscheiben, aus dem Stamm einer Eiche gesägt und an der Wand im Eingangsbereich befestigt, begrüßen die Besucher: Sie sind bunt bemalt, mit Handabdrücken, Schmetterlingen oder Autos verziert. Auf jeder Holzscheibe steht ein Name - der Name eines Kindes, das im Kinder- und Jugendhospiz Burgholz gelebt hat.

Das von hohen Bäumen umgebene, grün-weiße Haus ist ein ganz besonderer Ort. Es ist ein Ort, an dem schwerst kranke Kinder schöne Momente und Lebensfreude genießen können; es ist ein Ort, an dem ihre Eltern nur Eltern sein können und nicht Pflegende sind; es ist ein Ort, an dem ihre Geschwister unbeschwert sein können. Acht Kinder und Jugendliche zwischen zwei und 18 Jahren haben hier derzeit ein Zuhause auf Zeit gefunden. Sie sind dort, weil die Familien Entlastung vom Alltag brauchen; oder weil sie Begleitung bis zum Tod ihres Kindes wünschen. 42 Familien haben in den zehn Wochen seit der Eröffnung im Haus gelebt, sechs bis acht Kinder waren immer da. "90 Familien haben sich bisher gemeldet. Wir haben jetzt schon Anfragen für 2016", sagt Einrichtungsleiterin Merle Fells.

Es sind kleine, aber umso wichtigere Dinge, die die Familien hier finden: Weil ihre kranken Kinder ein eigenes Zimmer haben und dort rund um die Uhr von Pflegekräften versorgt werden, können die Eltern entspannen. "Es geht darum, Lebenszeit mit den Kindern zu verbringen. Es geht aber auch darum, das Familienleben zu entlasten. Die Wünsche der Eltern sind meist ziemlich klein", sagt Merle Fells. Einmal durchschlafen. Einmal ohne Kind im Rollstuhl in die Stadt fahren.

Weil das Haus alle Möglichkeiten bietet, finden auch die Kinder, kranke und gesunde, hier was sie brauchen: In hellen, freundlichen Zimmern mit angeschlossener Terrasse; im Kreativraum, in dem Trauer über ein Leben, das man sich ganz anders vorgestellt hat, in Kunstwerken ausgedrückt werden kann; im Toberaum; im Whirlpool des Entspannungsbereichs; oder im Aufenthaltsbereich, in dem Familien und Mitarbeiter morgens, mittags und abends zum Essen an einer langen Tafel zusammenkommen.

"Der Aufenthaltsbereich ist ein Ort der Begegnung", sagt Merle Fells. Gerade spielt die 18-jährige Alina hier mit einer Mitarbeiterin ein Brettspiel, Eltern sitzen beieinander, ein kleiner Junge schläft in seinem Rollstuhl. Wenige Meter weiter hängt die große, selbst gebastelte "Was-geht-ab-Tafel", nur eines von vielen der kleinen liebevollen Details.

Darauf ist das Programm der Woche notiert, "Kleine Überraschung" steht dort für diesen Tag. Die kleine Überraschung fährt um 16 Uhr vor: Der Eiswagen kommt. Am nächsten Tag geht es in den Circus, am übernächsten steht ein Spaziergang an. "Wir versuchen mit unserem Tagesangebot immer, alle Kinder und Jugendlichen, auch die Geschwister, abzuholen", sagt die 32-jährige Fells.

Das Kinder- und Jugendhospiz ist ein Ort, an dem gelebt wird und gelacht, an dem laut Musik gehört werden kann und den Jugendlichen selbst überlassen ist, ob sie zum Frühstück kommen oder erst zum Mittagessen.

Herzlich und lebendig sei es, sagt Merle Fells, ein zweites Zuhause für die Familien. "Wir wollen die Zeit, die sie haben, nutzen. Wir beziehen uns dabei nicht auf die Schwächen der Kinder, sondern gucken, was sie können."

Und doch: Es ist auch ein Ort des Abschieds. An Pfingsten ist das erste Kind in der Einrichtung verstorben. "Wenn ein Kind geht, ist das immer sehr traurig. Doch diese traurigen Situationen dürfen hier sein und finden hier auch ihren Platz", so Fells.

Es ist ein Ort, der nur durch die Unterstützung vieler werden konnte und bleiben kann: Rund sieben Millionen Euro Spenden sind bis zur Eröffnung eingegangen. "Es ist uns jeden Tag bewusst, dass wir von Spenden leben. Der unglaubliche Rückhalt, den wir bisher erfahren haben, ist eine hohe Wertschätzung, für die wir unglaublich dankbar sind."

(RP)
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