Solingen Holländer steigen in Ohligs ein

Solingen · Investor Kondor Wessels hat Gräfin von Thun und Hohenstein Veit das Olbo-Areal abgekauft und will Wohnungen bauen. Der Abriss der Ruine ist ab Herbst geplant. Die Sparkasse zieht ins Globus-Haus. Auch ein Lebensmittel-Vollsortimenter soll kommen.

Im Herzen von Ohligs bot sich gestern einmal mehr das gewohnte Bild. Die Ruinen der ehemaligen Textilfabrik Olbo ragten in den grauen Januarhimmel. Und die wenigen Passanten, die sich an diesem Mittag an den Marktplatz verirrt hatten, sahen zu, das hässliche Trümmergrundstück am westlichen Ende der Ohligser City so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.

Ein paar Kilometer weiter östlich, im Solinger Rathaus, war die Stimmung zum selben Zeitpunkt hingegen entschieden besser. Denn nachdem bei der Bebauung des alten Industrieareals am Markt rund ein Jahrzehnt vor allem Stillstand zu verzeichnen gewesen war, stehen die Signale nun allem Anschein nach auf Aufbruch. Die deutsch-niederländische Holding Kondor Wessels, eine Tochter des holländischen Baukonzerns VolkerWessels, will nämlich in den nächsten Jahren bis etwa Mitte 2021 rund 80 Millionen Euro in die Hand nehmen, um auf dem rund 16.000 Quadratmeter großen Grundstück an die 300 zusätzliche Wohnungen zu errichten.

Das haben der Investor sowie die Stadt Solingen am Donnerstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mitgeteilt. Und darüber hinaus wurde bekannt, dass die Stadt-Sparkasse ebenfalls in Ohligs investieren sowie ihre neue Zweigstelle für den Stadtteil im einstigen Globus-Gebäude am Marktplatz aufbauen wird.

Entsprechend gelöst war die Atmosphäre bei der Präsentation der Pläne im Rathaus. "Das neue Jahr beginnt für uns in Solingen richtig gut", sagte beispielsweise Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD), der in diesem Zusammenhang von einem "Gordischen Knoten" sprach, der jetzt "durchschlagen" werde. Gleichzeitig mahnte der Verwaltungschef aber auch zur Eile. So gelte es, keine Zeit zu verlieren, betonte der Oberbürgermeister, der sich optimistisch zeigte, dass bereits in gut einem Jahr mit dem Bau begonnen werden könne.

Dabei liegt hinter allen Beteiligten schon heute ein regelrechter Arbeitsmarathon. Denn bevor der Geschäftsführer von Kondor Wessels, Leo W. A. de Man, am 20. Dezember des vergangenen Jahres den Kaufvertrag für das Olbo-Areal im Beisein eines Notars hatte unterzeichnen können, waren über mehrere Monate hinweg Verhandlungen mit dem bisherigen Eigentümer, der Immobiliengesellschaft Graf von Thun und Hohenstein Veit, nötig gewesen.

Unter anderem ging es darum, die alten Planungen für ein Einkaufszentrum einer Generalinventur zu unterziehen. Wobei Kondor Wessels-Chef de Man gestern keinen Zweifel daran ließ, dass es ein solches Center nicht mehr geben wird. "Unser Schwerpunkt liegt auf Miet- und Eigentumswohnungen", sagte der Investor, der neben Wohnraum Flächen für Büros sowie Handel nur in abgespeckter Form schaffen will.

Ob und gegebenenfalls in welcher Form das Olbo-Gelände, über dessen Kaufpreis Stillschweigen vereinbart wurde, am Ende der Standort für den von vielen Bürgern seit langem geforderten neuen Lebensmittel-Vollsortimenter in Ohligs sein wird, steht indes noch nicht fest. Zwar versicherten sowohl OB Kurzbach, als auch der Investor, ein solcher Supermarkt werde auf alle Fälle kommen. Indes betonten beide Seiten parallel, die Detail-Planungen befänden sich momentan erst in einer sehr frühen Phase, was genauere Aussagen zu dem Vollsortimenter bis auf Weiteres nicht zulasse.

Klar ist lediglich, dass das Globus-Haus in unmittelbarer Nachbarschaft zur alten Textilfabrik nicht als Standort für das Geschäft infrage kommt. Denn dort will die Stadt-Sparkasse ihre neue Dependance einrichten, die ab 2020 die heutigen Filialen am Bremsheyplatz beziehungsweise an der Grünstraße ersetzen soll.

"Wir wollen unseren 20.000 Kunden in Ohligs eine moderne Geschäftsstelle bieten" betonte der Vorstandsvorsitzende des Geldinstitutes, Stefan Grunwald, am Donnerstag. Ziel sei es, zusammen mit den verbliebenen Bestandsmietern den gesamten Globus-Komplex neu zu entwickeln und bereits im nächsten Jahr mit den anstehenden Umbauten anzufangen. Fertiggestellt werden soll die Sparkasse, in der die Kunden zukünftig 120 Stellplätze vorfinden werden, Anfang des Jahres 2020.

Ein Zeitpunkt, zu dem auch auf dem Olbo-Gelände die Bagger rollen müssen - weswegen Stadtdirektor Hartmut Hoferichter gestern einen straffen Zeitplan präsentierte. Dieser sieht unter anderem vor, dass die ersten Pflöcke schon in wenigen Wochen, am 29. Januar eingeschlagen werden, wenn sich der Planungsausschuss sowie die Bezirksvertretung Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid zu einer gemeinsamen Sitzung treffen. Eine Zustimmung dieser beiden Gremien vorausgesetzt, würden dann die nächsten Schritte, etwa die Vorbereitung einer Öffentlichkeitsbeteiligung, eingeleitet, um im Anschluss daran ab Herbst 2018 planerisch in die finale Phase einzutreten.

"Jetzt ist zunächst die Solinger Politik gefragt", betonte demzufolge Investor de Man, der bei den Verantwortlichen aber nicht nur aufs Tempo drückte. Vielmehr hatte der Geschäftsführer von Kondor Wessels nämlich auch noch ein richtiges städtebauliches Bonbon mit im Gepäck. So stellte Leo W. A. de Man in Aussicht, mit dem Abriss der alten Industrie-Ruine könne, wenn alles klappe, schon im September, direkt nach den großen Ferien, begonnen werden.

Was wiederum an der Politik in der Klingenstadt nicht scheitern sollte, finden die neuen Pläne für das Zentrum von Ohligs doch allgemeine Zustimmung. "Das ist eine richtig gute Nachricht", sagte beispielsweise Bernd Krebs (CDU) als Vorsitzender des Planungsausschusses. Er kündigte, nachdem die Fraktionen bereits am Donnerstagmorgen informiert worden waren, schon für die kommenden Tage weitere Gespräche zum politischen Vorgehen an.

In Ohligs selbst schlug die Kunde vom neuen Investor derweil wie eine Bombe ein. So sprach Unternehmer Gerd Fischer, der 2017 bereits den neuen Wohnpark auf einem Teil des Olbo-Grundstücks fertiggestellt hatte, gestern von einer "tollen Entwicklung". Und auch der Chef der Ohligser Jongens, Joachim Junker, zeigte sich "begeistert". Ohnehin, so Junker, sei "alles besser, als der alte Stillstand".

Eine Einschätzung, die er mit Bezirksbürgermeister Marc Westkämper (CDU) teilt. "Die Neuigkeit ist prima", urteilte der Christdemokrat gestern Abend unserer Redaktion. 300 neue Wohnungen bedeuteten "mehr Kaufkraft" für den Stadtteil. Nun komme es darauf an, zügig zu handeln. Westkämper: "Das wichtigste ist, dass der Investor versprochen hat, schnell zu bauen und die Lücke am Markt zu schließen."

(or)
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