Solingen Hebammen droht das berufliche Aus

Solingen · Den freiberuflichen Hebammen droht aufgrund der teuren Haftpflichtversicherung das berufliche Aus. Die Solinger Hebamme Raica Vermeegen und ihre Unterstützer rufen zum Protest auf.

"Diese fast surreale Situation verlangt nach Empörung!" So wendet sich Hebamme Raica Vermeegen "nicht nur an Mütter und Familien, sondern an alle Bürger." Ihre Forderung: "Wir müssen alle aufstehen und uns für das Recht auf Hebammenunterstützung und Wahl des freien Geburtsortes stark machen."

Es ist immer schwieriger geworden für freie Hebammen, ihren Beruf auszuüben. Seit Jahren steigen die Beiträge für ihre berufliche Haftpflichtversicherung enorm. Ab Juli 2014 müssen freiberuflich in der Geburtshilfe tätige Hebammen über 5000 Euro für ihre Haftpflichtversicherung bezahlen. Ab Juli 2015 hat die Nürnberger Versicherung allen freiberuflichen Hebammen gekündigt. "Es gibt somit keine Versicherungsunternehmen im In- und Ausland, die uns versichern wollen", sagt Vermeegen. Dieser Umstand komme einem Berufsverbot gleich. "Selbst wenn wir unsere Dienstleistungen als privat zu zahlen anbieten wollten, wäre dies nicht möglich, da wir keinen Versicherungsschutz haben", sagt die seit 2006 als Hebamme tätige Solingerin.

Ihr ist wichtig, auf die gesellschaftlichen Folgen der schwierigen Arbeitsbedingungen für freie Hebammen hinzuweisen. Die Einschränkungen, so Raica Vermeegen, würden bedeuten, dass ab dem nächsten Jahr keine gebärende Frau außerhalb des Krankenhauses noch die Versorgung durch eine Hebamme zu erwarten hätte. Eine Geburt im Krankenhaus, einschließlich einer immer weiter steigenden Kaiserschnittrate, werde alternativlos. Keine Frau wird eine Beleghebamme bei Geburt im Krankenhaus dabei haben, Stillhilfen und Kurse fallen ebenso weg wie Wochenbettbesuche durch eine Hebamme. "Bitte schreiben Sie Ihre Kommunalpolitiker und Landtagsabgeordnete an und machen Sie Ihrem Protest laut und deutlich Luft", bittet Vermeegen alle Bürger.

Sie selbst ist in der vergangenen Woche einer Einladung des SPD-Landtagsabgeordneten Josef Neumann in den Landtag gefolgt. Beim stellvertretenden Sprecher im Arbeitskreis Arbeit, Gesundheit und Soziales der SPD-Fraktion fand ihr Anliegen Gehör. Er hob die Bedeutung der Hebammen hervor und unterstrich ihre Wichtigkeit in der präventiven Familienbetreuung. Josef Neumann schloss: "Wir erwarten, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe zeitnah eine praktikable Lösung dieses Problems findet." "Wir waren uns einig, dass es sich nicht mehr um eine Haftpflichtproblematik, sondern um eine Frauen- und Familienproblematik handelt, die weitreichende negative gesellschaftliche Folgen nach sich ziehen wird", fasst Raica Vermeegen das Gespräch zusammen. Ihr Protest und der ihrer vielen Unterstützer wird weitergehen: "Die Solidarität ist riesengroß", freut sie sich.

Am 19. März wird die Hebammen-Thematik im Plenum besprochen. Am heutigen Dienstag findet außerdem eine Elternprotestaktion vor dem Landesministerium für Gesundheit statt. Für Hebamme Vermeegen steht trotz aller Unterstützung jedoch fest: "Sollten sich die Pläne der Versicherer nicht gravierend ändern, werde ich 2015 meinen geliebten Beruf aufgeben."

(pbm)
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