Solingen Glücksfall: Handwerker findet Wunsch-Azubi

Solingen · In nur einem Jahr hat der 22-jährige Ermir Isufaj, der mit seiner Familie aus Albanien nach Solingen kam, Deutsch gelernt. Jetzt bildet ihn Alexandr Rogovenko zum Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik aus.

Vor eineinhalb Jahren hat sich Alexandr Rogovenko selbstständig gemacht. Der staatlich geprüfte Techniker für Sanitär, Heizung, Klima - das ist noch über dem Handwerksmeister angesiedelt - überzeugt durch seine Arbeit. Die Auftragslage ist gut. Doch die Suche des jungen Unternehmers aus Wald nach einem geeigneten Lehrling gestaltete sich schwierig - bis er auf Ermir Isufaj traf.

Im August beginnt der 22-Jährige bei dem 36-Jährigen seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik. Sie sind bereits ein gut eingespieltes Zwei-Mann-Team auf der Baustelle, wie sich jetzt aufs Neue beim Austausch eines Ölkessels in einem Mehrfamilienhaus gezeigt hat. Der 22-Jährige arbeitet derzeit schon als Praktikant in dem Betrieb. Dass er motiviert ist, zupacken kann und über das notwendige handwerkliche Geschick verfügt, hat Alexandr Rogovenko auf Anhieb bemerkt.

Für beide ist das freilich ein Glücksfall. Das aufstrebende Handwerksunternehmen hat den Wunsch-Azubi in einem Mangelberuf gefunden. Dieser wiederum bekommt mit der Lehrstelle eine handfeste Berufsperspektive. Als Ermir Isufaj mit seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester aus Albanien nach Solingen kam, sprach er kein Deutsch. In nur einem Jahr hat er die für ihn neue Sprache gelernt.

"Es ist wie ein kleines Märchen", sagt Marina Dobbert. Die Ausbildungsakquisiteurin für Solingen bei der bergischen Agentur für Arbeit hat das junge Handwerksunternehmen und den zukünftigen Azubi zusammengebracht, indem ein Praktikum vereinbart wurde. Ihr war Ermir Isufaj ebenfalls als engagiert aufgefallen: "Er hat sich durch sein freundliches und ruhiges Wesen selbst empfohlen. Seine guten Deutschkenntnisse waren dabei seine Visitenkarte."

"Wir helfen Jugendlichen, die besonderen Unterstützungsbedarf bei der Ausbildungsstellensuche benötigen und sprechen Unternehmen an, um zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten zu akquirieren", beschreibt Marina Dobbert ihr Aufgabenfeld. Dazu gehört freilich auch, Unternehmen, die noch nicht ausgebildet oder das Lehrstellenangebot verringert haben, vom Wert der betrieblichen Ausbildung zu überzeugen und dazu zu ermutigen.

Zugleich steht sie aber auch bei den Formalitäten den Unternehmen zur Seite, die einen Migranten wie den 22-jährigen Ermir Isufaj beziehungsweise einem jungen Asylbewerber eine Lehrstelle ermöglichen wollen. "Für einen Ausbildungsplatz braucht es keine Arbeitserlaubnis." Das sei kein bürokratischer Aufwand für Unternehmen, erklärt Dobbert. Sie ist eine von drei zusätzlichen Ausbildungsstellen-Akquisiteuren für das bergische Städtedreieck bei der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal. In NRW wurden in diesem Frühjahr insgesamt 53 dieser zusätzlichen Stellen geschaffen.

Alexandr Rogovenko kam vor 18 Jahren selbst aus Kasachstan nach Solingen und hat sich eine berufliche Existenz und eine neue Zukunft aufgebaut. Er weiß, wie schwierig das ist, und kann nachvollziehen, was es bedeutet, in nur einem Jahr die Sprache zu lernen. Wenn er mit Ermir Isufaj nun seinen ersten Lehrling ausbildet, verbindet er damit die konkrete Perspektive, ihn in seinem jungen Betrieb anschließend zu übernehmen.

(RP)
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