Solingen Gemeinsam wird Wohnraum geschaffen

Solingen · Der Spar- und Bauverein Solingen ist am 11. Juli vor 120 Jahren gegründet worden. Einige Tage älter ist der Spar- und Bauverein Wald, der bereits am 12. Juni 1897 gegründet worden war. Die Genossenschaften feiern den Geburtstag nicht.

 Bis 2020 wird die aus der Nachkriegszeit stammende Siedlung am Wasserturm in Gräfrath grundlegend saniert. Das Quartier soll teilweise altengerecht werden. Der Spar- und Bauverein Solingen investiert hier rund 34 Millionen Euro.

Bis 2020 wird die aus der Nachkriegszeit stammende Siedlung am Wasserturm in Gräfrath grundlegend saniert. Das Quartier soll teilweise altengerecht werden. Der Spar- und Bauverein Solingen investiert hier rund 34 Millionen Euro.

Foto: Stephan Köhlen (Archiv)

Gefeiert wird grundsätzlich nicht. "Das haben wir schon beim 100. Geburtstag nicht gemacht", sagt Michael Pikzack, der Geschäftsführer des Spar- und Bauvereins Wald. Das ist 20 Jahre her, von daher steht auch das 120-jährige Bestehen nicht im Rampenlicht der Genossenschaft, die am 12. Juni 1897 gegründet worden war und damit Solingens älteste Wohnungsbaugenossenschaft ist. "Damals waren Genossenschaften eine Notwendigkeit. Die Mitglieder packten beim Hausbau noch selbst mit an", erzählt Michael Pikzack.

Das sei heute völlig anders. Der Genossenschaftsgedanke lebe zwar noch - "aber in anderer Form", meint der Geschäftsführer. "Heute geht es um gutes und günstiges Wohnen."

Den runden Geburtstag feiern - das will auch der Spar- und Bauverein Solingen (SBV) nicht. Ein Glanzlicht setzt die Genossenschaft zum 120. Jahresdatum dennoch: Durch die Verleihung des fünften Klaus-Novy-Preises am 14. Juli, den der SBV als Impulsgeber für genossenschaftliches Wohnen zum 100-jährigen Bestehen ins Leben gerufen hat.

Der Spar- und Bauverein Solingen wurde am 11. Juli 1897 gegründet. Diese Genossenschaft ist zwar nicht die älteste, allerdings die weitaus größte nicht nur in Solingen, sondern im gesamten Rheinland. Damals wie heute lautet das Motto: "Gemeinsam etwas schaffen zum Wohl aller." "Die Genossenschaft ist, wenn man so will, eine der ältesten Bürgerinitiativen in Solingen", sagt Vorstandsvorsitzender Ulrich Bimberg. Menschen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam gesunden Wohnraum zu schaffen. "Und es wurde im Laufe der Zeit solidarisch weitergemacht", betont Bimberg. Der Wohnungsbestand wuchs über Generationen hinweg. "Heute ist zwar nicht mehr die Aufbruchstimmung von damals vorhanden, aber wir passen uns gesellschaftlich an", sagt Bimberg beispielsweise mit Blick auf generationsgerechtes Wohnen.

 Die Häuser in der SBV-Siedlung an der Lerchenstraße in Höhscheid wurden in den Jahren 1910/1911 gebaut.

Die Häuser in der SBV-Siedlung an der Lerchenstraße in Höhscheid wurden in den Jahren 1910/1911 gebaut.

Foto: Spar- und Bauverein Solingen

28 Bürger waren es, die im Lokal "Reichspost" den Spar- und Bauverein Solingen gründeten. Gründungsmitglieder waren vor allem Fabrikarbeiter der Firma Weyersberg, Kirschbaum & Co. (WKC) - ebenso der Inhaber. Der evangelische Pfarrer Otto Müller wird der erste Vorsitzende der Genossenschaft, die heute mehr als 13.619 Mitglieder zählt und rund 7000 Wohnungen bewirtschaftet. Zum Vergleich: Der Spar- und Bauverein Wald hat etwa 1500 Mitglieder und rund 1015 Wohnungen.

Ziel war es vor 120 Jahren, im SBV gemeinsam in Selbsthilfe die Wohnungsnot der ärmeren Bevölkerung zu lindern. Denn Arbeiterfamilien lebten in elenden, beengten Behausungen. Die alten Solinger Fachwerkhäuser hatten Lehmfußboden, Wasserpumpe im Hof und Donnerbalken. Zur Genossenschaftswohnung gehörten bereits ein eingebautes Bad und Toilette. 1898 entsteht an der Schweizer Straße das erste SBV-Haus mit sechs Wohnungen. Weitere Häuser wurden an der Wupperstraße gebaut, an der Lerchenstraße entstand 1910/11 die erste zusammenhängende Siedlung.

1920 können die Mieter des Spar- und Bauvereins erstmals Vertrauensleute wählen. Die Einführung der Bewohnerselbstverwaltung passt in die Zeit: Demokratische Mitbestimmung und Mitbeteiligung der Menschen ist gefragt. 1937 erreichte der Bestand knapp 3500 Wohnungen. Im Zweiten Weltkrieg wurden gut ein Viertel des SBV-Wohnungsbestandes zerstört, fast alle übrigen beschädigt. Bis 1952 sind alle Wohnungen wieder aufgebaut. Im selben Jahr werden erstmals wieder Neubauten errichtet. Nach der Schillerstraße folgt die neue Großsiedlung Weyersberg.

Rege Bautätigkeit herrschte auch zum Ende der Fünfzigerjahre: Das Bauprogramm sieht für 1958 insgesamt 729 neue Wohnungen vor. Allen voran am Wasserturm, dazu am Sängerweg und in Merscheid. Die Zahl der Wohnungen ist auf 4664 angewachsen, die der Mitglieder auf 7882.

Weiter neu bauen - aktuell entsteht in der Siedlung Wasserturm weitere Seniorenwohnungen - aber ständig auch den Bestand modernisieren - in der jüngsten Vergangenheit werden regelmäßig rund 20 Millionen Euro jedes Jahr investiert: Der SBV hat hier nie nachgelassen und tut alles, was in 120 Jahren aufgebaut wurde, bestandsfest für die Zukunft zu machen. Mit der neuen Siedlung Unnersberg entstand beispielsweise die große Wohngemeinschaft der Achtzigerjahre, im Börkhauser Feld in Aufderhöhe realisierte der SBV ab 1998 neue Maßstäbe im Mietwohnungsbau: mit Niedrigenergiebauweise und modernster Heiztechnik in Form eines Nahwärmekonzeptes.

"Eigentum verpflichtet", sagt der SBV-Vorstandsvorsitzende Ulrich Bimberg und begründet damit gleichzeitig die hohen Investitionen für Instandhaltung, Modernisierung und Neubau.

(uwv)
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