Solingen Gemalte Legenden rund um Martin Luther alias Junker Jörg

Solingen · Der Düsseldorfer Künstler Eckard Roese zeigt Ölbilder zum Reformationsjubiläum in der Galerie "Art-Eck" in Gräfrath.

Junker Jörg, wie man Martin Luther nannte, nachdem er 1521 von Kurfürst Friedrich von Sachsen in einer inszenierten Entführung incognito auf der Wartburg in Sicherheit gebracht worden war, steht im Zentrum der neuen Ausstellung in der Galerie "Art Eck". Zwölf großformatige Bilder, alle in diesem Jahr gemalt, haben einen Platz in der kleinen Galerie gefunden.

In einer intensiven Selbstbefragung, welchen Stellenwert die Person des Reformators für ihn persönlich hat, kommt Eckard Roese zu dem überraschenden Schluss: "Luther ist für mich eine der wichtigsten Personen der deutschen Geschichte. Seine Bibelübersetzung war eine Revolution für das Christentum und hat die Wahrheitslehre der Bibel vielen erst zugänglich gemacht." Wahrheit und Mythos, das sind die Themen, die Roese seit langem intensiv bearbeitet. In seinen Bildern erzählt er Geschichten, die sich an antike, literarische oder religiöse Mythen anlehnen.

Doch bei aller Inhaltlichkeit und Tiefgründigkeit zählt für Roese neben dem Narrativ gleichrangig, vielleicht sogar vorrangig, die Malerei. Der Betrachter erkennt schnell die Motive und Schlüsselszenen: das Erlebnis des Blitzeinschlags von 1505, das angeblich Luthers Mönchsgelübde vorausging, seine Entführung während seiner Rückreise aus Worms, seine Arbeit als Bibelübersetzer auf der Wartburg. Und natürlich darf auch die Legende vom geworfenen Tintenfass im Kampf mit dem Teufel nicht fehlen. Doch Roese betont, dass er nicht illustrativ arbeitet. Was ihn fesselt, ist die skulpturale Formgebung der Figurengruppen und Einzelfiguren.

Kompakt, ausgewogen und stabil in der Komposition haben die Ölbilder eine starke formale Präsenz: Die Konturen kraftvoll geschwungen, die Figuren ausdrucksvoll wie Zeichen, die ohne naturalistische Detaillierung auskommen. Die Ölfarbe ist pastos aufgetragen und verweist in ihrer vielfältigen Strukturierung darauf, dass es sich um viele Schichten handelt, die Roese übereinander malt, teils heftig und gestisch. "Oft male ich über verworfene Bilder. Das Bild wächst sozusagen im Prozess des Malens Schicht um Schicht über Jahre", erläutert der Künstler. Die gezeigten Porträts von Luther und seiner Frau Katharina von Bora wirken durch den energetischen Farbduktus partiell fast abstrakt, die Gesichter expressiv verzerrt. Doch gleichzeitig erkennt man das historische Zitat, den Bezug zu den Bildnissen von Lucas Cranach, der seinen Freund Luther und dessen Frau mehrfach porträtierte und unser Bild von Luther geprägt hat. Das Prinzip des kunsthistorischen Zitats findet sich auch bei einer weiteren Arbeit, die Reminiszenzen zu Raffaels Sixtinischer Madonna enthält und Luther als von der Muse, in Form eines italienischen Puttos, geküsst darstellt. "Raffael und Luther sind im gleichen Jahr 1483 geboren," kommentiert der Maler.

Der 1959 in Hannover geborene Eckard Roese studierte zunächst Freie Grafik bei Rudolf Schoofs an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, wechselte dann in den frühen 90iger Jahren an die Kunstakademie Düsseldorf zu Markus Lüpertz. Die Seelenverwandtschaft, wie Roese es selbst nennt, zu Lüpertz spürt der Betrachter in der grundlegenden Auffassung seiner Themen, der Liebe zu mythologischen Vorlagen und der malerischen Reflexion auf die Geschichte der Kunst.

(RP)
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