Jule Dinnebier Und Daniel Klages Ganz oben geht vielen ein Licht auf

Solingen · Jule Dinnebier und ihr Mann Daniel Klages haben mit dem ehemaligen Gräfrather Wasserturm die größte Kerze der Klingenstadt. Für manche ist der Turm ein Wahrzeichen.

 Jule Dinnebier und Daniel Klages kennen sich bestens mit Licht aus.

Jule Dinnebier und Daniel Klages kennen sich bestens mit Licht aus.

Foto: Stephan Köhlen

Wie weit geht Ihre Leidenschaft für Licht zu Weihnachten? Lassen Sie Ihren Tannenbaum durch LED-Birnchen mit Batterie oder Trafo oder durch eine Hochvolt-Kette strahlen?

Dinnebier Weder noch. Nur die Bäume im Garten werden durch kleine Strahler beleuchtet. Für den Weihnachtsbaum nehmen wir gelbe Bienenwachskerzen.

Klages Wir sind ja selber Imker. Deshalb stellen wir auch schon einmal eine richtige Kerze nach draußen.

Und die Brandgefahr im Wohnzimmer?

Dinnebier Der Weihnachtsbaum wird kurz vor knapp geschlagen, um möglichst frisch zu sein, und kommt erst am 24. ins Haus.

Mit dem Gräfrather Lichtturm haben Sie ja ohnehin die imposanteste elektrische Kerze in der Stadt. Wie groß ist noch das Interesse von Solingern und Auswärtigen gut zwei Jahrzehnte nach dem Umbau des ehemaligen Wasserturms?

Dinnebier Für manche ist der Turm ein Wahrzeichen. Das bringt auch Verpflichtungen für uns mit sich. Wir versuchen immer wieder, Menschen unsere Tür zu öffnen. Das schaffen wir leider nicht immer; vielen ist nicht klar, dass er keine öffentliche Einrichtung ist.

Es gibt aber immer wieder Veranstaltungen, die allen offen stehen.

Dinnebier Wir haben eine eigene Kulturreihe mit Konzerten, Lesungen, Theater und so weiter ins Leben gerufen und sind beispielsweise Mitinitiatoren der Solinger Kulturnacht. Bei der Kulturnacht waren wir anfangs mit dem "kleinen" Turm etwas überfordert, da an einem Abend 200 Menschen zur Besichtigung kamen und lange warten mussten. Heute werden für diese Veranstaltung Konzertkarten verlost. Besonders eindrucksvoll waren in jüngerer Zeit die Veranstaltungen zum Sonnenaufgang um 5 Uhr morgens - wie beispielsweise die Frühmesse der katholischen Kirche Gräfrath vor Himmelfahrt oder der Auftritt von Hilde Kuhlmann, die mit Besuchern gesungen hat. Ein außergewöhnlicher Tagesbeginn.

Klages Der Lichtturm ist inzwischen zum Marketinginstrument für die Kulturnacht und für Solingen geworden. Die nächsten beiden Konzerte - eines für jüngere und eines für ältere Zuhörer - wird es im Frühjahr geben. Wir haben aber auch zahlreiche Fachbesucher. Nicht nur wegen der Lichttechnik und des Bus-Systems, mit dem wir vieles von außerhalb steuern können. Für Vaillant sind wir ein international interessantes Referenzobjekt: Die Besucher kommen aus der ganzen Welt, weil der Lichtturm eine der ersten Erdwärmeheizungen erhielt. Für sie wurde drei Mal jeweils 80 Meter tief in den Fels gebohrt. Die Anlage beweist, dass sich eine Wärmepumpe auch für ein ausgefallenes Gebäude eignet, dass sich schlecht oder nicht dämmen lässt.

Also kann man im Lichtturm auch in der kalten Jahreszeit tagen . . . ?

Dinnebier Wir vermieten den Turm beispielsweise an bergische Unternehmen. Die Leute sind begeistert, wie konzentriert sie in der Kuppel mit weitem Blick arbeiten können.

Klages In der Kuppel sind sie viel offener für neue Ideen und Veränderungen. Gleichzeitig lernen wir sehr interessante Unternehmerpersönlichkeiten kennen; das macht es für uns doppelt attraktiv. Wir nutzen den Lichtturm auch selbst als Arbeitsort. Neben anderen haben auch der Solinger Sportbund, die Stadtverwaltung und die Friedrich-Albert-Lange-Schule den Reiz des Turms erkannt.

Im Lichtturm zeigen Sie eigene Leuchten und Stücke anderer Designer. In Schloss Lüntenbeck in Wuppertal betreiben Sie neben der Manufaktur einen klassischen Werksverkauf. In Ihrem Düsseldorfer Laden steht man fasziniert vor einer wirklich großen Auswahl an Leuchten. Wie überschaubar ist der Markt für den Laien?

Dinnebier Wir würden uns wünschen, dass der Konsument ein bisschen hinter die Kulissen schaut. Unsere Leuchten entwerfen wir überwiegend selbst und bauen sie im klassischen Handwerk in Lüntenbeck - mit wertvoller Unterstützung durch Mitarbeiter der Lebenshilfe in Solingen und anderer bergischer Unternehmen. In der Design- und Leuchtenwelt gibt es nur zwei oder drei Kollegen, die Nachhaltigkeit ebenso verantwortungsvoll im Fokus haben wie wir. Nachhaltigkeit hat seinen Preis. Es ist gar nicht so einfach, damit Geld zu verdienen. Und natürlich muss man unterscheiden: Einige Leuchten auf dem Markt sind so teuer, weil sie es sein müssen. Andere sind in derselben Preisklasse, repräsentieren aber nicht denselben Wert.

Im Museum Plagiarius im Südpark hängen Original und Nachbau Ihrer Leuchte Stilio Classic.

Dinnebier Und in einem Neusser Möbelhaus hat ein Mitarbeiter gerade ein Plagiat des Modells Stilio Uno entdeckt, das erst seit anderthalb Jahren auf dem Markt ist. Für uns ist es absolut frustrierend, wie schnell es inzwischen mit den Plagiaten geht. Unsere Produkte sind zwar in Deutschland geschützt, aber für ein kleineres Unternehmen ist es zu teuer, sich zur Wehr zu setzen. Im aktuellen Fall würde es sicher 15.000 Euro kosten.

Zu etwas Erfreulicherem: Aktuelle Leuchten von "Licht im Raum" hängen beispielsweise im Schloss Bellevue in Berlin, im Düsseldorfer Rathaus und in der größten Mall der Welt in Abu Dhabi. Auf welche anderen neuen Projekte sind Sie stolz?

Dinnebier Da gibt es viele Beispiele. Ich denke spontan an die Lichtplanung für den Landtag in Mainz sowie für die Münsterlandhalle und an die Arbeit am Mariendom in Neviges.

FRED LOTHAR MELCHIOR FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(flm)
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