Solingen Frische Milch zum selber Zapfen

Solingen · Knut Meinsma eröffnete auf seinem Hof eine Milchtankstelle, die von 6 bis 22 Uhr geöffnet ist. Die neue Errungenschaft kommt bei Kunden gut an. Sorge bereitet dem Bauern und seinen Kollegen aber der Preisverfall bei Agrarprodukten.

 Täglich von 6 bis 22 Uhr ist die Milchtankstelle geöffnet auf dem Gräfrather Familienbetrieb von Knut, Marc und Heike Meinsma (v.l.) - hier mit dem Kreisbauernschafts-Vorsitzenden Martin Dahlmann.

Täglich von 6 bis 22 Uhr ist die Milchtankstelle geöffnet auf dem Gräfrather Familienbetrieb von Knut, Marc und Heike Meinsma (v.l.) - hier mit dem Kreisbauernschafts-Vorsitzenden Martin Dahlmann.

Foto: Stephan Köhlen

Nur wenige Meter vom Stall entfernt, in dem die Kühe seelenruhig ihr Futter aus Gras, Mais, Gersten- und Rapsschrot kauen, fließt ihre Milch aus dem Hahn: Die erste Milchtankstelle des Bergischen Städtedreiecks steht auf dem Bauernhof von Familie Meinsma unweit der Fauna in Gräfrath. "Wir haben nach einer Möglichkeit gesucht, dem Verbraucher flexibel Milch und andere Produkte zur Verfügung zu stellen, damit sie nicht immer auf die Öffnungszeiten unseres Ladens angewiesen sind", erzählt Knut Meinsma. Auf einer Messe entdeckte er schließlich einen der Automaten, die mittlerweile auch in anderen deutschen Städten und Landkreisen im Einsatz sind.

Das Konzept ist einfach: Der Kunde bringt ein sauberes Gefäß mit oder kauft direkt vor Ort eine Glasflasche und wirft pro Liter einen Euro in den Automaten. Aus dem fließt die frische Rohmilch seiner 25 Milchkühe, weshalb Knut Meinsma die Verbraucher zum Erhitzen rät. Neben der Milchtankstelle in der selbst gebauten Landhütte steht ein weiterer Automat, der den Kunden andere regionale Erzeugnisse, von Eiern über Honig bis zum Früchtemüsli, bietet. Beides ist täglich von 6 bis 22 Uhr offen. Jeden Tag reinigt und befüllt Meinsma, der unter anderem auch Rindfleisch und Kartoffeln produziert, den Milchtank aufs Neue.

Die Resonanz an den ersten Tagen konnte sich sehen lassen: "Es läuft gut an, die Leute sagen, dass es eine super Idee sei, und es waren auch schon Kunden da, die nicht regelmäßig in unserem Hofladen einkaufen", sagt Meinsma.

Dennoch ist seine Stimmung - genau wie die anderer Landwirte - derzeit nicht die Allerbeste.

Schuld daran sind vor allem die niedrigen Preise für Milch und andere Agrarerzeugnisse: 26 bis 27 Cent pro Kilogramm Milch blieben den Bauern - auf die Dauer zu wenig für eine rentable Produktion, wie auch Martin Dahlmann, Vorsitzender der für Solingen zuständigen Kreisbauernschaft Mettmann, betont: "Die Lage ist äußerst angespannt." Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel übe einen enormen Druck auf die Preise aus, aber auch das Russland-Embargo und konjunkturelle Schwächen in anderen Importländern trügen zur schwierigen Situation bei. Und eine Besserung sei kaum in Sicht: "Die Preisentwicklung lässt sich nicht seriös abschätzen", sagt Dahlmann. Für die nächste Verhandlungsrunde im September mit dem Einzelhandel bestehe die Gefahr eines weiteren Preisverfalls.

Für Unmut unter den Landwirten sorgen aber auch wiederholte Berichte über verantwortungslose Tierhaltung und unangemessene Medikamentengaben. Dass es Verfehlungen gibt, bestreitet Dahlmann nicht, wehrt sich aber gegen Pauschalurteile: "Tiergesundheit und Lebensdauer stehen längst im Vordergrund der Rinderzucht." Mehr als drei Viertel aller Milchkühe hätten in Deutschland moderne Laufställe. Auch Bauer Meinsma wehrt sich gegen das Misstrauen aus Teilen der Bevölkerung: "Unsere Kühe werden nicht mit Antibiotika gefüllt, essen nur frisches, täglich zusammengemischtes Futter und sind viel draußen."

(RP)
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