Solingen Frauen-Themen nach 30 Jahren immer noch aktuell

Solingen · Der damalige Oberstadtdirektor Dr. Peter Hölz meinte nach 100 Tagen Frauengleichstellungsstelle, in zehn Jahren wäre diese Einrichtung wahrscheinlich überflüssig. Wie hat er sich doch geirrt. Die Themen, die Dr. Gesine Spieß als erster Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Solingen und ihren Nachfolgerinnen damals am Herzen lagen, sind auch heute, 30 Jahre später, immer noch aktuell.

Damals ging es um Frauenarbeit, um Kochtopf oder Karriere, um Rückkehr in den Beruf. Es ging aber auch um gerechtere Bezahlung der berufstätigen Frauen, um Vereinbarkeit mit Beruf und Haushalt. Es geht im Grunde genommen wörtlich um die Gleichstellung von Frau und Mann, die im Alltag immer noch nicht verwirklicht ist. Es geht um strukturelle Ungerechtigkeit, die immer noch Frauen in Führungspositionen verhindert.

Am gestrigen Freitag hatte die Gleichstellungsstelle der Stadt zum 30-jährigen Besehen der Einrichtung ins Zentrum Frieden an der Wupperstraße eingeladen. Auf die erste Gleichstellungsbeauftragte Gesine Spieß folgten Gerlinde Morsbach, Dr. Gabriele Frohnhaus, Dagmar Becker und Evelyn Wurm.

Seit 2006 hat Gisela Köller-Lesweng die Funktion inne. Sie ließ in ihrer Rede die vergangenen zehn Jahre Revue passieren. Nicht nur das Solinger Frauenforum wurde in dieser Zeit gegründet, sondern es gibt jetzt auch einen Unterausschuss für Frauen und zahlreiche Arbeitskreise für Frauen und Mädchen. Im Jahr 2015 wurde ein Gleichstellungsplan beschlossen.

Dass es aber immer noch keinen reinen Frauenausschuss gäbe, beanstandete Martina Zsack-Möllmann, Sprecherin des Frauenforums seit seiner Gründung. Und Ionna Zacharaki, die Vorsitzende des Internationalen Frauen Zentrums, mahnte ein interkulturelles Gesamtkonzept an.

Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin NRW und von Anfang an in der Frauenbewegung aktiv, erzählte von den "harten Kämpfen" im Anfang und begrüßte auch diejenigen, "die damals gegen die Stelle gestimmt haben". Die Themen von damals seien immer noch aktuell, stellte sie fest. Und die Arbeit der Gleichstellungsstelle sei wahrhaftig nicht überflüssig. Mit Blick auf die Geschehnisse in der Silvesternacht ging sie auch auf sexuelle Gewalt ein, die nach wie vor ein Thema der Frauenbewegung sei.

Den wohl bewegendsten Vortrag hielt Gesine Spieß. Es seien immer noch schwierige Bedingungen, da Gleichstellungsbeauftragte zwar eine Stelle, aber kein Beruf sei. "Es ist schon viel erreicht", stellte sie fest. Aber Anderes brauche noch Förderung und Unterstützung.

"Es gibt noch viel zu tun", betonte auch Oberbürgermeister Tim Kurzbach in seiner Festrede. Aber auch: "Ich verneige mich vor Ihnen und Ihrer Leistung von 30 Jahren. Lasst uns weiter kämpfen!".

(koh)
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