Solingen Europameister in der Pestalozzischule

Solingen · Profisportler Michael Wallisch schilderte den 200 Schülern der Pestalozzischule seinen Lebensweg. Auch wenn der beileibe nicht immer gerade verlief, hat er es geschafft, an seine Talente zu glauben und sich nach oben zu boxen.

 Schulleiterin Susanne Wywiol ist froh, dass sich der Europameister im Schwergewicht, Michael Wallisch, von den Fragen ihrer Schüler löchern lässt und motiviert, an sich und die eigenen Ziele zu glauben.

Schulleiterin Susanne Wywiol ist froh, dass sich der Europameister im Schwergewicht, Michael Wallisch, von den Fragen ihrer Schüler löchern lässt und motiviert, an sich und die eigenen Ziele zu glauben.

Foto: MaK

Der 30-Jährige, dessen Sakko am Rücken wegen der Muskeln spannt, könnte der neue Beratungslehrer sein. Umsichtig kommt der auf Anhieb sympathisch wirkende Mann zur Tür herein, offen und freundlich tritt er den Schülern entgegen, antwortet auf jede ihrer Fragen und strahlt dabei eine besondere Ruhe aus. Doch er muss einen ziemlich guten linken und rechten Haken haben. Den braucht er auch: Michael Wallisch ist Box-Europameister.

Sein Ziel, sagt er, sei ein Mal um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht zu boxen. Die 200 Schüler der Pestalozzischule hören dem Profisportler im Unterrichtsgebäude an der Deller Straße interessiert zu; und sie applaudieren sogleich an einer Stelle, die nicht den Boxsport betrifft, sondern Privates: Im Herbst wird Michael Wallisch Vater.

Er erzählt denn auch von seinem Leben - und dem Sport, der diesem die entscheidende Richtung gegeben hat. "Wir können alles erreichen, wenn wir ein Ziel vor Augen haben und mit dem Herzen dabei sind." So wie bei vielen Schülern der Förderschule verlief auch Michael Wallischs Weg nicht immer gerade, war geprägt von vielen Tiefen und sogar zwei Haftstrafen: als Jugendlicher wegen Raubes ("Ich hatte die falschen Freunde") und später wegen Körperverletzung auf dem Oktoberfest ("als Boxer hätte ich das wissen müssen") in München, seiner Geburtsstadt.

"Wer an sich glaubt, kann jeden Tag neu beginnen", sagt Pestalozzi-Schulleiterin Susanne Wywiol. Sie ist froh, dass sich die derzeitige Nummer acht der Weltrangliste von den Fragen ihrer Schüler löchern lässt. Gerade für ihre Förderschule sei es wichtig, Lebensgeschichten zu vermitteln, "die zeigen, dass man immer wieder neu starten kann". Wallisch ist Schirmherr des gemeinnützigen Jugendhilfswerks "deinKult". So kam der Kontakt zustande. Auch die Schüler des zweiten Pestalozzi-Standorts an der Höhscheider Fritz-Reuter-Straße hören Wallischs Lebengeschichte in dem Unterrichtsgebäude an der Walder Deller Straße. "Uns ist es wichtig, als Schulgemeinde auch einmal Gemeinschaft zu erleben", erklärt Schulleiterin Wywiol über den gemeinsamen Projekttag. In Zukunft sollen diese Aktivitäten verstärkt werden. Für ihn, sagt der Schwergewichtsboxer, sei es eine Ehre, Gast der Schule zu sein. Die Mutter drogenabhängig, der Vater alkoholkrank - seinen wohl schwersten Kampf musste Wallisch in der Jugend bestehen. Ab dem achten Lebensjahr kam er von einem Heim ins nächste. "Rückschläge erleidet jeder im Leben. Die Frage ist, wie man damit umgeht", schildert der 30-Jährige. Motiviert hat ihn, dass er an sich geglaubt hat. Immerhin muss er in der Vorbereitungsphase auf den nächsten Boxkampf in der Woche acht bis neun Trainingseinheiten absolvieren.

Doch gestern hat er sich erst einmal Zeit genommen, den Pestalozzi-Schülern an der Deller Straße Autogramme zu schreiben, sich mit ihnen an den Boxsack zu stellen und ihnen davon zu erzählen, an die eigenen Talente zu glauben.

(RP)
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