Solingen Es fährt kein Zug von "Gleis zwo"

Solingen · Wer von Remscheid nach Köln oder Düsseldorf pendelt, muss oft lange warten. Die Anschlusszüge sind das Problem.

Bahnpendeln ist an sich ein schöner Gedanke. Früh am Morgen von gleichmäßigen Geratter wach gekuschelt zu werden, ein wärmender Kaffee to go in der Hand, die Gedanken sind ruhig, draußen rauschen Felder, Wiesen, Schieferhäuser. So weit die Bahnromantik. Die Realität sieht anders aus. Nämlich so: "Informationen zu RB 48 nach Bonn-Mehlem fällt heute aus. Grund dafür ist eine technische Störung am Zug." Und dann steht man da, die Luft ist kalt, der Kaffee inzwischen auch und all die anderen Bahnromantiker am Gleis greifen gestresst zum Smartphone.

Im Juni dieses Jahres hat der VRR die Verbindung von Remscheid nach Köln über Solingen als "grundsätzlich akzeptabel" deklariert. Das ist sicherlich auch richtig, wenn man all die Ausnahmen, die bei der Deutschen Bahn nicht nur die Regel bestätigen, sondern zur Regel selbst mutieren, ignoriert. Auf der Strecke Remscheid nach Köln-Hauptbahnhof sei eine Gesamtreisezeit von 54 bis 61 Minuten eingeplant, heißt es. In Wirklichkeit sieht das in etwa so aus: Zug hat 5 Minuten Verspätung, Irrtum - Zug hat 15 Minuten Verspätung, Irrtum - Zug fällt nun doch ganz aus.

Schön auch: Zug steckt auf unbestimmte Zeit fest (Ursachen vielfältig, der Schaffner ist auch genervt). Oder der Klassiker: Zug muss großen Bruder ICE überholen lassen. Und selbst das, könnte ja noch liebenswert sein, wäre da nicht die Quintessenz: der Anschlusszug.

Wer zwischen Remscheid und Köln pendeln muss, schafft es locker auf vier Verkehrsmittel. Wie Martin Pricken. Er studiert Englisch und Kultur an der Uni Köln. Wenn es gut läuft, brauche er in etwa zwei Stunden, sagt er. Wenn es gut läuft, denn Martin muss bis zum Hörsaal drei Mal umsteigen. Mit dem Bus fährt er zunächst zum Remscheider Hauptbahnhof, nimmt dort die Privatbahn S 7 nach Solingen. "Mit der Abellio sind wir sehr zufrieden", stimmt ihm sein Studienfreund Lucas Hackenberg zu. Die S 7 fährt zwischen Remscheid und Solingen im 20-Minutentakt. Meistens sehr zuverlässig, denn die Privatbahn fährt sogar einige Minuten früher am Gleis ein. Doch dann kommt der Brennpunkt des Bergischen Bahnverkehrs: Am Solinger Hauptbahnhof hat man die RE 7 oder RB 48 nach Köln gerade verpasst, und die nächste verspätet sich regelkonform. Hier steht man also schon mal eine Dreiviertelstunde. In Köln Messe/Deutz müssen die beiden Jungs dann noch in die Straßenbahn umsteigen. Der Rückweg sieht nicht anders aus: "In Köln verpasse ich meine Bahn nach Solingen oft um wenige Sekunden und muss eine halbe Stunde warten", erzählt Pricken. Oft entwischt ihm so auch knapp die S 7 in Solingen, so dass er wieder 20 Minuten warten. "Es wäre viel leichter, wenn man durchfahren könnte", sagen die Studenten.

Die Verbindung nach Düsseldorf klappe viel besser, findet Marilette Zielonke. Die S 1 fährt am Gleis direkt gegenüber ab und nach Plan sogar zeitgleich mit der S 7 ein. Zu Hauptverkehrzeiten ist jedoch die S 1 wegen hoher Streckenauslastung oft verspätet.

(RP)
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