Solingen Eine intensive Darbietung

Solingen · Das Ensemble "Meine Zeit - ein Raubtier" erzählte in "Es war einmal oder auch nicht" Solinger Geschichte(n) augenzwinkernd neu.

VON ALEXANDER RIEDEL

Schon der Einstieg in den Abend brachte die Zuschauer im Pina-Bausch-Saal des Solinger Theaters zum Staunen - und immer wieder auch zum Schmunzeln: Denn was die über 20 Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles "Meine Zeit - ein Raubtier" mit ebenso viel Fantasie wie Überzeugungskraft über ihr Leben und ihre Familienhistorie erzählten, hatte es wahrhaft in sich.

Eine Akteurin etwa führte ihren Stammbaum auf Inka-König Atahualpa zurück, dessen Sohn nebenbei das legendäre Volkslied "El Condor Pasa" komponiert habe. Eine Mitstreiterin wiederum berichtete davon, wie ihr Großvater einst die bauchige Kaffeekanne "Dröppelmina" erfand, wie aus einem anderen Familienzweig von Auswanderern der Schauspieler George Clooney hervorging, der heute wiederum Werbung für Kaffee macht - natürlich animiert durch eine Initiative aus dem Bergischen Land.

Diese und viele andere wunderbare, oft schräge Erzählungen stellten die Teilnehmer des Ensembles im Alter zwischen 55 und 77 Jahren der Inszenierung "Es war einmal oder auch nicht" voran - und bewiesen damit, dass Geschichte eben nicht immer nur von einigen wenigen Reichen und Berühmten geschrieben werden muss, sondern in jedem einzelnen Erdenbürger steckt. Ein Denkmal setzten den Tänzern auch kurze Porträtfilme, die Künstler Stephan Haeger kreiert hatte.

Mehrere Monate lang hatten die Choreographen Marcus Grolle und Renate Kemperdick mit der Gruppe an der folgenden, körperlich anspruchsvollen Darbietung gearbeitet. Zu treibender Musik wirbelten die passionierten, schwarz-weiß gekleideten Tänzer über die Bühne, fügten sich harmonisch in die Gruppe ein, um an anderer Stelle wieder individuelle Figuren zu erschaffen. Mit scheinbarer Leichtigkeit bezogen sie einmal mehr auch Stühle, Leuchtstäbe und Gitter in die schwungvolle Choreographie ein. Die Zuschauer belohnten die Gesamtleistung schließlich mit lang anhaltendem Applaus - und traten wie schon nach den beiden vorausgegangenen Inszenierungen des Ensembles mit der ermutigenden Erkenntnis den Heimweg an, dass Körperbeherrschung keine Frage des Alters ist - Rhythmusgefühl und die Freude am Tanzen schon gar nicht.

Neue Mitglieder sind im auch als Tanztheater 55+ bekannten Ensemble stets willkommen. Und das wird sich nicht lange auf seinen Lorbeeren ausruhen: Die Proben für die nächste Produktion werden voraussichtlich im April beginnen. Die üblichen Probentage sind dabei Dienstag, Freitag und Samstag. Interessenten können sich an das Kulturzentrum Cobra wenden unter Telefon 331 222.

(ied)
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