Solingen Eine Familie im Drogen-Sumpf

Solingen · Der "Drogen-Oma"-Prozess platzte am Mittwoch, weil eine 29-jährige Angeklagte nicht erschien. Die rauschgiftsüchtige Frau wurde Dienstag mit 1,2 Kilo Heroin an der holländischen Grenze geschnappt und sitzt in U-Haft.

 Auch wenn das Verfahren gegen die bundesweit als "Drogen-Oma" bekannt gewordene 85-jährige Solingerin abgetrennt wurde, der Prozess gegen ihren Sohn, ihren Enkel und einen Bekannten der Familie hat nichts an Brisanz verloren.

Auch wenn das Verfahren gegen die bundesweit als "Drogen-Oma" bekannt gewordene 85-jährige Solingerin abgetrennt wurde, der Prozess gegen ihren Sohn, ihren Enkel und einen Bekannten der Familie hat nichts an Brisanz verloren.

Foto: ddp

Alles Warten war vergebens, und auch die sofort angestellten Nachforschungen brachten zunächst kein Ergebnis. Der Platz der jungen Frau auf der Anklagebank am Wuppertaler Landgericht blieb bei der gestrigen Fortsetzung des "Drogen-Oma"-Prozesses leer — was schließlich dazu führte, dass den Richtern der 1. Großen Strafkammer zuletzt nichts anderes übrig blieb, als den Haftbefehl gegen die Solingerin wieder in Kraft zu setzen.

Allerdings, die Mühe hätte man sich auch sparen können. Denn zur gleichen Zeit befand sich die 29-Jährige längst schon wieder in Gewahrsam. Und nachdem die schwer drogenabhängige Frau am Dienstag mit einem Komplizen an der niederländischen Grenze in der Nähe von Straelen bei dem Versuch erwischt worden war, insgesamt 1,2 Kilogramm Heroin zu schmuggeln, schickte sie ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Kleve gestern Nachmittag erneut in U-Haft.

Eine Familie versinkt im Drogen-Sumpf. "Die Solingerin wurde auf der Autobahn A 40 aufgegriffen", bestätigte später der zuständige Oberstaatsanwalt Günter Neifer gegenüber unserer Zeitung. Am späten Dienstagnachmittag hatte die 29-Jährige zusammen mit einem 44 Jahre alten Mann aus Düsseldorf gerade den Grenzübergang passiert, als das Duo ins Visier einer Zivilstreife geriet.

Zwar warf der genauso wie die junge Frau polizeibekannte Komplize noch das Drogenpäckchen aus dem zuvor eigens angemieteten Leihwagen — doch da war es längst zu spät. Die Polizisten fanden, kurz nachdem sie den Wagen angehalten hatten, das Heroin in einem Schwarzmarkt-Wert von bis zu 20 000 Euro — und die junge Solingerin, die erst neulich ein Methadon-Programm begann, hat nun ein Riesenproblem mehr am Hals.

Im Wuppertaler Verfahren galt die Frau bislang höchstens als Randfigur. Sie ist mit dem ebenfalls angeklagten Enkel einer unter dem Namen "Drogen-Oma" zu trauriger Berühmtheit gelangten 85-Jährigen liiert, war aber lediglich beschuldigt worden, bei Drogengeschäften vermittelt zu haben. Im günstigsten Fall hätte die junge Solingerin also mit einer Bewährungsstrafe davonkommen können.

Doch nach der Festnahme vom Dienstag scheint sie hiervon nun Lichtjahre entfernt. "Wir ermitteln wegen der gewerbsmäßigen Einfuhr nicht geringer Mengen an Rauschgift", fuhr Oberstaatsanwalt Neifer gestern fort. Und hierfür sieht der Gesetzgeber Gefängnis nicht unter zwei Jahren vor.

Ob das Verfahren gegen die 29-Jährige in Wuppertal jetzt abgetrennt wird, steht noch nicht fest. Der Prozess soll am kommenden Freitag weitergehen. Den beiden Hauptangeklagten, eben dem Freund der Verhafteten sowie dessen Vater, drohen im Falle einer Verurteilung Haftstrafen um die zehn Jahre. Nachdem die meisten Beschuldigten bisher geschwiegen hatten, sind für den weiteren Prozessverlauf Aussagen angekündigt.

(RP)
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