Solingen Ein Original - aber nur auf den ersten Blick

Solingen · Das Museum Plagiarius zeigt neue abgekupferte Produkte, die beim diesjährigen Wettbewerb in Frankfurt ausgezeichnet wurden.

Erst hat sich Daniel Klages gefreut: Beim Blättern in einer Architekturzeitschrift stieß der geschäftsführende Gesellschafter der Dinnebier- Licht GmbH auf ein Projekt in Heidelberg - die Umwandlung eines Hallenbads in eine Event-Gaststätte. Klages: "Ich sah eine Vielzahl unserer Leuchten." Aber nur auf den ersten Blick. Denn die Kronleuchter vom Typ Stilio kamen nicht aus Schloss Lüntenbeck in Wuppertal, sondern von einem Produktpiraten aus China.

Dafür erhielt das chinesische Unternehmen eine "Auszeichnung" der Aktion Plagiarius. Gestern wurden alle Preisträger des Wettbewerbs 2016 im Museum im Südpark präsentiert. Dinnebier muss sich dabei auf ein Foto beschränken: Der Originalleuchter wiegt rund 100 Kilogramm und kostet etwa 11.000 Euro. Der mit weniger Sorgfalt gefertigte Nachbau wurde schon für 2500 Dollar angeboten.

"Für unsere bergische Manufaktur ist das wirklich eine Herzensangelegenheit", weist Daniel Klages nicht nur auf den materiellen Schaden hin: "Da steckt unheimlich viel Liebe drin." Und unter anderem auch die Arbeit von acht Beschäftigten der "Lebenshilfe". Deren Werkstatt ist nur einen Steinwurf vom Museum Plagiarius entfernt.

Solingen-Bezug hat auch der Türverschluss "DENI Plano", dessen Plagiat mit dem zweiten Preis bedacht wurde. Der sogenannte Tortreibriegel aus Edelstahl, der etwa bei Kühlhäusern eingebaut wird, stammt von "Kurz Kurz Design". Schutzrechte darauf hat Volker Kirchberg aber nicht. Der geschäfts- führende Gesellschafter der Firma Niederhoff & Dellenbusch in Heiligenhaus meldete Original und Nachbau deshalb für den Wettbewerb an: "Wir sind ein kleinerer Betrieb mit gut 50 Mitarbeitern. Ich habe keine Rechtsabteilung."

Das Pikante am Fall: Das Plagiat stammt von einem Kunden, der ebenfalls in Heiligenhaus ansässig ist und die nachgemachte Ware aus China bezogen haben soll. Der Preisträger wehrt sich heftig gegen den Preis - einen schwarzen Zwerg mit einer goldenen Nase - und erwägt rechtliche Schritte gegen Volker Kirchberg und die Aktion Plagiarius. Die sieht aber keinen Grund, an der Entscheidung der Jury zu zweifeln.

Dass an den Originalprodukten "Arbeitsplätze und Existenzen" hängen, betont auch Sebastian Gürtler von der Dyson GmbH in Köln. Hinter dem Standventilator "Dyson Air Multiplier AM03" stünden 650 Ingenieure und Forscher. Dicht am Original nachempfunden wurde er in China, vertrieben über das Internet. Für das mehr als 300 Euro weniger kostende Plagiat gab es eine "Auszeichnung" und klare Worte von Gürtler: "Das macht einen als Mitarbeiter sehr wütend."

Vor allem deshalb, weil es ständig passiert: Rund 100 Dyson-Produkte seien schon gefälscht worden. Die nachgemachten Dinnebier-Leuchten hängen übrigens weiter in Heidelberg - inzwischen mit dem Segen von Daniel Klages. "Der Nutzer war zuerst extrem uneinsichtig", blickt der Geschäftsführer zurück. Deshalb habe man die Gastronomiekette verklagt und den Schadenersatz "gut investiert": in einen Anwalt, der dafür sorgte, dass die Angebote gefälschter Stilio-Leuchten aus Internet-Portalen wie Alibaba verschwanden. Klages: "Auch für Alibaba ist es inzwischen problematisch, immer wieder mit Fälschungen in Verbindung gebracht zu werden."

Von den zehn neuen Produkten im Museum Plagiarius erhielten drei Preise und fünf Auszeichnungen. Außerdem gab es zwei Sonderpreise "Fälschung".

(RP)
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