Solingen Drei Künstlerschicksale zu entdecken

Solingen · Das Zentrum für verfolgte Künste zeigt Teile des künstlerischen Werks der Schwestern Loewenthal.

In der Reihe "Befreundete Sammler zu Gast" präsentiert das Zentrum für verfolgte Künste in Kooperation mit dem Verein "Lebenswerk Käthe Loewenthal" Werke der drei fast vergessenen Künstlerinnen Käthe Loewenthal, Agnes Schäfer und Susanne Ritscher. Die drei Schwestern, geboren wuchsen in einem akademischen Elternhaus auf. Die medizinisch-wissenschaftliche Arbeit des Vaters führte die Familie von Berlin aus ins inner- und außereuropäische Ausland.

Auf dem Hintergrund dieser familiären Situation konnten sich die drei Schwestern selbstbewusst für einen für ihre Generation ungewöhnlichen Berufswunsch entscheiden. Alle drei studierten Kunst. Käthe studierte bei Ferdinand Hodler und später an der Akademie Stuttgart in der "Damenmalschule" bei Adolf Hölzel. Agnes entschied sich für eine Ausbildung als Fotografin und Susanne studierte an der Damen-Akademie des Künstlerinnen-Vereins München.

Prof. Dr. Wulf Herzogenrath, Direktor der Sektion Bildende Künste der Akademie der Künste in Berlin, gleichzeitig der Enkel der Fotografin Agnes Schäfer, ist Initiator der Ausstellung und betont: "Es geht mir nicht darum, meine Familiengeschichte aufzuarbeiten, sondern zu zeigen, dass man in dieser verlorenen Generation kunsthistorische Entdeckungen machen kann, die das Schicksal von jüdischer Kunst und wie in diesem Fall auch das Schicksal der Kunst von jüdischen Künstlerinnen in dieser Zeit beleuchten." Von den nur rund 250 erhaltenen Arbeiten von Käthe Loewenthal zeigt das Museum etwa die Hälfte, vorrangig Pastell- und Bleistiftzeichnungen und sechs Ölbilder, die die Malerin kurz vor ihrer Deportation ins KZ Lublin einer Vertrauensperson übergab.

Das übrige Werk der Künstlerin, das sie nach ihrem Malverbot 1934 bei einem befreundeten Künstler einlagerte, wurde bei Bombenangriffen auf das Magazin völlig zerstört. Die relativ kleinen erhaltenen Pastellzeichnungen, vorrangig Landschaftsmotive aus Hiddensee und dem Berner Oberland, wirken geradezu monumental und geben eine Ahnung, wie die verlorenen Tafelbilder ausgesehen haben könnten. Im Verzicht auf kleinteilige Detaillierung und mit flächenhaft tektonischer Konstruktion in Verbindung mit einer abstrahierten dynamischen Linienführung sind die Darstellungen der Malerin von formbestimmender Kraft. Gepaart mit einer teilweise expressiven Farbigkeit wird deutlich, wie Käthe Loewenthal in der Auseinandersetzung mit der Moderne zu ihrem Stil gefunden hat. Käthe konnte ihr Gesamtwerk nicht vor der Vernichtung retten, sie selbst fiel dem NS-System zum Opfer und wurde in Izbica bei Lublin 1942 ermordet.

Die Fotografin Agnes wählte bereits 1923 das Exil. Sie wandert nach Griechenland aus und widmet sich dort vorrangig dem Porträt. Sie fotografiert Gelehrte und Künstler, wie den Literaturnobelpreisträger Rabindranath Tagore, aber auch Griechenland-Touristen und Einheimische. Ihre Porträts sind traditionell und modern zugleich, da sie mit überraschenden Aufnahmewinkeln, Ausschnitten und dunklen Fonds arbeitet. Ihr künstlerisches Leben und Werk endet 1933 im Freitod in Griechenland. Die intimen Schwarz-Weiß Fotografien hat Kurator Jürgen Kaumkötter in der literarischen Abteilung des Zentrums in ein interessantes Umfeld gesetzt.

Hier sind auch die wenigen erhaltenen Arbeiten von Susanne Ritscher zu sehen, die ihre künstlerischen Ambitionen der Familie opferte, 1934 von ihrem Mann aufgrund ihrer jüdischen Abstammung verlassen wurde, untertauchen musste und das NS-Regime als einzige der Schwestern überlebt hat.

(RP)
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