Serie 24 Stunden - 24 Menschen Die Mischung für den perfekten Cocktail

Solingen · Jeden Freitagabend wird für David Schiebel im "Hitzefrei" die Nacht zum Tag. In den Partynächten bereitet der 39-Jährige rund 300 Cocktails zu - mit Liebe zu diesen exklusiven Getränken und einem professionellen Gefühl für die richtige Mixtur.

 Die typische Handbewegung jedes Barmanns: David Schiebel schüttelt die Cocktail-Mixtur gut durch, um sie anschließend ins Glas füllen.

Die typische Handbewegung jedes Barmanns: David Schiebel schüttelt die Cocktail-Mixtur gut durch, um sie anschließend ins Glas füllen.

Foto: Radtke

Nur einmal im Jahr gönnt sich David Schiebel auch mal das eine oder andere Bier. "Notgedrungen", sagt der Barkeeper und lacht. "Weil es das einzige Getränk ist, das im Kölner Karneval zu bekommen ist. Wer hier trotzdem etwas anderes bestellt, muss darauf stundenlang warten." Bei anderen geselligen Gelegenheiten macht der 39-Jährige einen großen Bogen ums Bier, stattdessen genießt er lieber ein Glas Wein - und Cocktails.

 ( Ann-Kathrin Freesdorf und David Schiebel sind ein eingespieltes Team in der Cocktail-Ecke.

( Ann-Kathrin Freesdorf und David Schiebel sind ein eingespieltes Team in der Cocktail-Ecke.

Foto: Radtke, Guido (gra)

Und weil David Schiebel die Qualität guter Mixgetränke selber zu schätzen weiß, bereitet er sie seinen Gästen auch mit Herzblut zu, wenn er freitags im "Hitzefrei" hinter dem Tresen arbeitet. "Cocktails sind entstanden, weil der Alkohol früher nicht so gut war." Aus diesem Grund habe man bei der Mischung darauf geachtet, dass der Alkohol nicht zu schmecken ist. Das oberste Gebot für einen guten Cocktail gilt bis heute.

 % Das Werkzeug liegt bereit für den perfekten Cocktail - Limetten, Orangen oder Erdbeeren als Verzierung nicht zu vergessen.

% Das Werkzeug liegt bereit für den perfekten Cocktail - Limetten, Orangen oder Erdbeeren als Verzierung nicht zu vergessen.

Foto: Radtke, Guido (gra)

Es ist Mitternacht im "Hitzefrei". Die Stimmung ist ausgelassen, es wird getanzt, die Leute unterhalten sich, soweit es die Lautstärke der Musik zulässt. Jeder Partygast hat ein Getränk in der Hand oder es vor sich auf einem der Tische abgestellt. Hier ein Bier, dort ein Softdrink; hier eine Flasche mit einem Mischgetränk, dort ein Cocktail - die Auswahl ist bunt gemischt, ein Favorit ist nicht auszumachen. Obwohl die Happy Hour für Cocktails an diesem Abend bis 1 Uhr gilt, hat David Schiebel noch Kapazitäten, um deutlich mehr Caipirinhas, Mojitos, Swimmingpools oder Sex on the Beach zuzubereiten. "Die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren etwas zurückgegangen, weil die Cocktails Konkurrenz bekommen haben", weiß der Wahl-Solinger. Insbesondere Frauen greifen alternativ zu den leichten alkoholischen, etwas süßlichen Mischgetränken in der Flasche.

David Schiebels erste Wahl beim Berufswunsch war eigentlich Koch. Gelandet ist er im Catering - und er ist dabei geblieben. Auch als er seine Zelte vor gut zehn Jahren in einem Berliner Vorort abgebrochen und der Bundeshauptstadt den Rücken gekehrt hat. "Ich war oft in Solingen, um Freunde zu besuchen. Als ich etwas Neues brauchte, bin ich hierhin gezogen." Schiebel fand bei Hitzegrad im Catering-Bereich einen Job und bereitete bei Veranstaltungen - wenn gewünscht - Cocktails zu. Inzwischen arbeitet der 39-Jährige von Montag bis Donnerstag tagsüber zu festen Zeiten im Restaurant, jeden Freitag legt er eine Nachtschicht ein: Dienstbeginn ist um 21 Uhr und Feierabend gegen 6 Uhr, wenn das gesamte Team das "Hitzefrei" wieder auf Vordermann gebracht hat.

Wenn um 23 Uhr die Bar brennt, geht für die Tresen-Crew der Partyabend erst richtig los. Das Licht wird ausgeschaltet, in lange schmale Leisten gefüllter Strohrum angezündet. Wenn die Flammen über die gesamte Breite der Theke lodern, mehren sich die Cocktail-Wünsche, die bei David Schiebel und Ann-Kathrin Freesdorf eingehen. Beide sind ein eingespieltes Team. Es gilt: Je später die Stunde, desto mehr Cocktails werden bestellt.

Die Bestellungen bekommt David Schiebel von seinen Barkeeper-Kollegen zugerufen. Oder die Gäste brüllen ihm ihre Cocktail-Wünsche direkt ins Ohr. "Trotz der jahrelangen Beschallung höre ich zum Glück immer noch sehr gut." Meist wisse er aber ohnehin, was die Stammgäste bestellen werden. "Detailliert nachfragen muss ich meist nur, wenn die Ferien vorbei sind. Dann wollen viele genau das trinken, was sie im Urlaub hatten, und sich daran zurückerinnern wollen." In diesen Fällen muss Schiebel ab und zu zu seinem Buch greifen, um ein Rezept nachzulesen. Das allerdings ist die Ausnahme bei rund 50 Cocktails, die er aus dem Kopf zubereitet - so auch seinen persönlichen Favoriten, den White Russian. Zielsicher greift der erfahrene Barmann eine Flasche nach der anderen für die richtige Mixtur - ohne dabei strichgenau abmessen zu müssen. Im Durchschnitt sind es jede Freitagnacht 300 Cocktails, die er mit professionellem Gefühl mixed.

(gra)
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