Solingen Die Geisterjägerin aus Solingen

Solingen · Im Kino sind die "Ghostbusters" unterwegs. Im echten Leben spürt Wula Sichelschmidt übersinnlichen Phänomenen nach.

In abstruser Montur und mit staubsaugerartiger Bewaffnung rückten Dan Aykroyd, Bill Murray und Co. schleimigen Gespenstern auf den Leib, um selbige aus dem Diesseits zu befördern. Das machte den Kinogängern 1984 so viel Vergnügen, dass der Hollywood-Streifen fast 300 Millionen US-Dollar einspielte. Damit gehört "Ghostbusters" zu den zehn kommerziell erfolgreichsten Filmen, die je gedreht wurden. Fünf Jahre später folgte die Fortsetzung. Ein dritter Teil kam 1999 nicht mehr zustande. Murray fand die Idee, einen Donald Trump nachempfundenen Teufel zu jagen, zu verrückt. Vielleicht würde er heute anders darüber denken. So sind es nun Melissa McCarthy und Kirsten Wiig, die seit dieser Woche in den Kinos mit dem jüngsten Aufguss von "Ghostbusters" den Geistern in rein weiblicher Formation den Garaus machen wollen.

Die "Ghostbusters" findet Wula Sichelschmidt zwar auch recht lustig, aber es hat gar nichts mit dem zu tun, was sie als Hobby betreibt. Die 43-jährige Solingerin ist Ghosthunter. Und ihr Werkzeug ist nicht ein umgebauter Staubsauger, sondern der Verstand. "Vor einigen Jahren bin ich durch Zufall dazu gekommen", berichtet die Geisterjägerin. Bekannte von ihr meinten, bei ihnen im Haus würde es spuken: mysteriöse Schritte im unbewohnten Obergeschoss. "Wat soll dat denn?", war die erste Reaktion ihres gesunden Menschenverstandes. "Zuerst habe ich gedacht, dass das alles Humbug ist." Zumal sich auch viele sehr unseriös im Metier der Geisterjäger herumtreiben.

Aber von den paranormalen Phänomen und deren Erklärungsmöglichkeiten war Wula Sichelschmidt so fasziniert, dass sie bei den Ghosthuntern einstieg. Die Regionalgruppe hat ihren Sitz in Wuppertal und ist im bergischen Raum aktiv. Rund zwei Mal im Monat ist die Gruppe unterwegs, um Spukerscheinungen auf den Leib zu rücken. Oft lässt sich bereits in einem ersten Gespräch eine Erklärung finden. Ansonsten wird mit Messgeräten, Ton- und Bildaufzeichnungen einem Phänomen nachgespürt. "Wir möchten dem, was scheinbar unerklärlich ist, eine Erklärung geben." Manchmal sind es einfach alte, schlecht isolierte Stromleitungen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen, "als wäre man von einem Geist gestreichelt worden". Und Klopfgeräusche und hörbare Schritte haben meist mehr mit alten Wasser- und Heizungsleitungen zu tun als mit Besuch aus dem Jenseits. "Mit Grundmessungen von Strom oder Magnetfeldern lässt sich viel erklären."

Vieles ist auch reine Kopfsache, wenn man Botschaften etwa jüngst verstorbener Familienmitglieder zu empfangen glaubt. "Das hat oft sehr viel mit nicht bewältigter Trauerarbeit zu tun." Da kommt dann nicht nur der Verstand, sondern auch ein hohes Maß an Sensibilität zum Tragen, das die Ghosthunter alleine schon in ihren Gesprächen brauchen. Sollten Phänomene ausschließlich in der Psyche ihre Ursache haben, vermitteln die Geisterjäger an einen mit ihnen zusammenarbeitenden Psychiater.

Aberglaube oder hoch angespannte Emotionen können Auslöser für Wahrnehmungen sein, die es eigentlich nicht geben sollte. Auch da ist Diskretion bei den Jägern oberstes Gebot. "Uns ist es besonders wichtig, den Menschen erstmal im Gespräch die Angst zu nehmen." Dann erst rückt man einem Phänomen mit technischem Gerät zu Leibe. "Die Auswertung ist dann die eigentliche Arbeit."

Das meiste lässt sich ganz natürlich erklären. Aber eben nicht alles. Das macht für Wula Sichelschmidt die Arbeit als Ghosthunter besonders spannend. Etwa im Hürtgenwald in der Eifel, wo die Gruppe Untersuchungen gemacht hat. "Es wird immer wieder berichtet, dass dort Schüsse und Schreie zu hören seien." Ende 1944, Anfang 1945 tobten dort die wohl blutigsten Kämpfe des Zweiten Weltkriegs auf westdeutschem Boden, als die US-Truppen sich den Weg Richtung Rhein erkämpfen wollten. Alleine 32.000 Amerikaner verloren hier ihr Leben. Fast ebenso viele Deutsche. "Ich hatte meinen Hund mitgenommen, denn Tiere haben oft eine ganz besondere Sensibilität." Dem Augenschein nach war nichts zu erkennen und der Hund verhielt sich normal. Dann aber zeigte er Angst — was nicht zu erklären war. Kameras wurden aufgebaut. Und tatsächlich sieht es auf einem Bild, das die Ghosthunter auch auf ihrer Homepage zeigen, so aus, als ob ein gespensterhafter Soldat aus seinem Erdloch kriecht. Manchmal scheinen Orte von dort Geschehenem so aufgeladen zu sein, dass man es lange später noch spüren kann. Erklären aber lässt es sich nicht.

"Selbst Skeptiker können von solchen Erlebnissen berichten", sagt Wula Sichelschmidt. "Vielleicht sollten wir nicht so vermessen sein, zu glauben, dass der Mensch in diesem unendlichen Universum alleine ist."

(RP)
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