Ansichtssache Central - eine Klatsche mit Ansage für die Rathausspitze

Solingen · Das Nein der Politik zum Umzug der Hauptschule war gewiss auch populistischen Erwägungen geschuldet. Doch die Stadtspitze trägt die Hauptschuld an der eigenen Niederlage.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Mit ihrer Entscheidung im Schulausschuss, den Umzug der Hauptschule Central zur Krahenhöhe zu stoppen, hat die Solinger Politik der Stadtspitze in dieser Woche eine schallende Ohrfeige verpasst - und zwar so schallend, dass die Funken gewiss noch eine ganze Weile glühen dürften.

Was vor allem für SPD und Grüne gilt. Denn beide haben vor rund zwei Jahren den heutigen Oberbürgermeister Tim Kurzbach im Wahlkampf unterstützt und so den Machtwechsel im Rathaus, nach einer 16-jährigen Ära von CDU-Stadtoberhäuptern zurück zum eher linken Lager, erst ermöglicht.

Gleichwohl sind die Mütter und Väter dieser Entwicklung nun drauf und dran, ihren Erfolg zu verspielen. Aus Sicht von Sozialdemokraten sowie Grünen muss es nämlich wie ein Trauerspiel gewirkt haben, was sich da im Schulausschuss zugetragen hat. Die Grünen ließen die eigene Dezernentin Dagmar Becker im Regen stehen, indem sie zuletzt den Umzug kaum noch verteidigten. Und seitens der SPD, bei der sich das Fehlen von Chefin Iris Preuß-Buchholz bitter rächte, war überhaupt keine Linie mehr zu entdecken.

Indes würde man es sich zu leicht machen, wollte man für den wohl an die Wand gesetzten Schulumzug einzig die Politik mit ihrem Hang zum Populismus zur Verantwortung ziehen. Denn was in Solingen schon länger fehlt, sind einigermaßen sichere Mehrheiten. Natürlich bieten auch langfristige politische Kooperationen keine Gewähr, dass eine Rathausspitze aus einem Guss "durchregieren" kann. Aber mit ihnen wird die Chance, dass die Verwaltung Schiffbruch erleidet, doch merklich gesenkt - allein schon, weil so die Kommunikation zwischen Verwaltung sowie Politik einen gewissen institutionalisierten und damit verlässlichen Rahmen erhält.

Jedenfalls sollte die Schulschlappe OB Kurzbach Warnung sein. Ohne verbale wie fachliche Einbindung der Politik (wobei die "Koalitions"-Optionen erst mal nebensächlich sind), laufen er und die Seinen aus der Stadtspitze immer wieder Gefahr, ausgebremst zu werden. Zur Erinnerung: Bereits 2016 setzte es - in Sachen Theatertreppe - eine ähnliche Schlappe. Die Niederlagen, Schule wie Treppe, kamen unter anderem zustande, weil die Stadt zuerst praktisch per Order de Mufti Fakten schaffen wollte und danach in der Öffentlichkeit Druck aufgebaut wurde. Letzterer ist legitim, glitt jedoch in beiden Fällen später partiell in einen Populismus ab, der bisweilen auch vor Unterstellungen nicht Halt machte. Bei ehrenamtlichen Politikern kann dies aber durchaus Eindruck hinterlassen und die Neigung verstärken, die Stadtspitze allein zu lassen. Genau das ist am Dienstag passiert.

(or)
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