Solingen Bilder und Lyrik werden zum Gesamtkunstwerk

Solingen · Die in Anatolien geborene und heute in Radevormwald lebenden Malerin Sevim Güngören stellt in den Güterhallen aus.

Auf ein leichtes Leben kann Sevim Güngören wahrlich nicht zurückblicken. Geboren in Anatolien, siedelte sie zunächst nach Istanbul um, bevor sie 1974 nach Remscheid kam. Seit 2010 lebt sie in Radevormwald. "Ich bin ohne Eltern aufgewachsen", erzählt sie. Geprägt wurde sie von drei verschiedenen Kulturen. Verlust, Kulturschock und Gewalt durchlebte sie, ließ sich jedoch nicht unterkriegen. "Wir können nur aus Fehlern lernen", meint die 55-Jährige. Die tiefen Erlebnisse, ihre Erfahrungen und Einsichten hat Sevim Güngören künstlerisch verarbeitet. Dabei entstanden nicht nur ausdrucksstarke Bilder, sondern auch einfühlsame Gedichte, die offen und mutig zugleich von den Tiefen ihres Lebens erzählen, aber auch von Wünschen und Träumen, von Sehnsucht und innerer Stärke. Ihre Bilder und Gedichte sind derzeit im Atelier "Pest Projekt" in den Güterhallen im Südpark ausgestellt.

"Die Bilder sind alle in den letzten zweieinhalb Jahren entstanden", sagt die Künstlerin. Die Gedichte, die sie den einzelnen Bildern zugestellt hat, sind alle in deutscher und türkischer Sprache zu lesen. Sie spiegeln Enttäuschung, wie es im Gedicht "Flucht" heißt: "Ich glaubte, dass du meine gesuchte Welt bist, doch ich betrat ein Sumpfland", erzählen aber auch von einem "Neuen Wind": "Der Ruf einer neuen unbekannten tiefen Liebe hält mir einen Spiegel vor." Daneben das Bild "Mutter und Kind", gemalt in hellen Farben. Eine Mutter trägt ihr Kind, es wird gehalten, ist geschützt in den mütterlichen Armen. Überhaupt scheint für Sevim Güngören die Energie des Lebens, des Wandels und der Kreativität ein weibliches Gesicht zu haben. So zeigt ihr Bild "Urkraft" die anmutige und stolz aufgerichtete Gestalt einer nackten Frau, umgesetzt in unterschiedlichen Blautönen. Wer das Bild "Schöpferisches Prinzip" genauer betrachtet, erkennt im Rausch der durcheinanderwirbelnden Farben den ruhenden Frauenkörper und auch die lichte Farbexplosion vor goldenem Hintergrund der "Vision" trägt ein weibliches Gesicht.

Was sie bewegt, was ihr begegnet, was sie geprägt hat, verarbeitet die Künstlerin mit Pinsel und Farbe und mit der Sprache. So stellt sie in ihrem Gedicht "Ich bin ein Mensch" die Frage: "Ich bin ein friedlicher Mensch und frage mich, wie ich meinen Frieden finden kann". Innere und äußere Welt spiegeln sich und fließen in Farben und Worten auf Leinwand und Papier, wo sich Lyrik und Bild zu einem Gesamtkunstwerk vereinen. "Oberflächlichkeit gehört nicht in unsere Zeit", betont Güngören, "wir dürfen uns nicht von Negativem beeinflussen lassen, sondern müssen für andere Dinge offen sein".

Die Ausstellung im "Pest Projekt" ist noch bis zum 6. März zu sehen. Geöffnet samstags und sonntags von 14 bis 16 Uhr.

(RP)
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