Solingen Biene, Kuckuck und auch Shakespeare

Solingen · Bekanntes und Unbekanntes bot der Organist Meik Impekoven bei seinem Konzert in der Reihe des Orgelsommers.

Mal mit Chor, mal mit Trompeten, mal mit Flöte und Harfe: Vielgestaltig präsentiert sich in diesem Jahr der Gräfrather Orgelsommer in der Klosterkirche. Im vierten Konzert der Reihe hatte nun am Sonntag die Orgel alleine das Wort. Als passenden Titel wählte Organist Meik Impekoven "Sommerzeit" für das nachmittägliche Konzert. Und das Wetter machte dem Titel keinen Strich durch die Rechnung. Der 1978 geborene Musiker nahm das Publikum dabei in einen ganz besonderen Sommer mit - in einen fast überwiegend angelsächsischen.

Den Rahmen des Konzertes bildeten Orgelwerke von Mendelssohn Bartholdy, der gerade auf seinen Englandreisen als Organist beeindrucken konnte und zahlreiche musikalische Inspirationen mit nach Hause nehmen durfte. Mit der 4. Sonate B-Dur aus Opus 65 konnte Impekoven die romantische Disposition der historischen Orgel bestens auskosten. Zauberhaft perlend strömte das Thema des Kopfsatzes buchstäblich sommerlich wärmend durch den Kirchenraum. Sanft entschwebend gestaltet der Musiker das melodiöse "Andante religioso", zu dem das raumfüllende wie delikat genommene Allegretto einen spannenden Kontrast bot, bevor das marschartige Finale einen festlichen Abschluss machte.

Wie viele seiner romantischen Zeitgenossen war Mendelssohn ein begeisterter Shakespeare-Fan. Bereits in jugendlichen Jahren schrieb er seine Bühnenmusik zu "Ein Sommernachtstraum". So passte dieses Werk sehr inspirierend zum Titel des Konzertes. Zwei Bearbeitungen für Orgel gab der Musiker zum Besten. Dem entrückend dargestellten Notturno folgte der unvermeidliche Hochzeitsmarsch, in dem Impekoven auch besonders die galanten Zungenstimmen der Gräfrather Orgel zum Glänzen bringen konnte. Fernab jeder sonst üblichen, hochzeitlichen Kurzfassung kitzelte hier der Organist fast symphonische Klänge aus dem Instrument. Frisch und frei erklang das altbekannte Stück in einem die Ohren neu belebenden Klanggewandt. Direkt nach England entführte Meik Impekoven mit den "Summer Sketches" op. 73 des sonst wenig bekannten Komponisten Edwin Henry Lemare (1865 bis 1934). Zauberisch berückend hebt die Morgendämmerung an, der zwei durchaus putzige Charakterstücke folgen: "Die Biene" summt durch die Register, und "Der Kuckuck" mit seinem typischen Motiv schafft eine pastorale Stimmung im abendlichen Gräfrath. Den Schlusssatz "Abend" gestaltete der Organist als ein dankbares Abendlied, das klanglich sanft entschwebt.

Eine weitere Bereicherung, weil selten zu hören, war ein Werk von Lemares amerikanischen Zeitgenossen Charles Albert Stebbins, der als Organist in Chicago tätig war: "In Summer". Langsam dahinfließend, mit fantastischen, an Debussy erinnernden Klangfarben ausgestattet, zieht ein warmer Sommertag längst vergangener Zeiten in der Fantasie der Zuhörer vorbei. Gerade die originellen Akkordverbindungen machten dieses Werk zu einem beglückenden Kleinod. Im Gegensatz dazu ist die Melodie von August Harder zu Paul Gehardts Gedicht "Geh aus, mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit" allbekannt. Meik Impekoven spielte hier sehr inspiriert die Variationen des zeitgenössischen Komponisten Hans Uwe Hielscher. Verspielt und farbenfroh wird das Thema ausgeleuchtet, mal kammermusikalisch dezent, mal klangprächtig auftrumpfend. Den originellen Witz des Werkes kostete der Organist bis zum spritzigen Finale aus. Ein dankbares Publikum wurde in den Sommerabend entlassen. Und das Konzert zeigte einmal mehr, welche musikalische Bereicherung der Gräfrather Orgelsommer in der großen Ferienzeit ist: Die musikalische Fantasie darf auf große Reise gehen.

(RP)
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