Solingen Bewegendes Jahr für die Kleiderkammer des Roten Kreuzes

Solingen · Eigentlich sollte die Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes am Dienstag vor Weihnachten zum letzten Mal in 2015 geöffnet sein. Es kam wieder einmal anders in diesem turbulenten Jahr: "Wir haben die Information erhalten, dass am ersten Weihnachtsfeiertag Flüchtlinge kommen, die eingekleidet werden müssen", berichtet Leiterin Uta Wilde. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auch für diesen Termin Helfer bei der Kleiderausgabe zu gewinnen.

"Es war ein bewegendes Jahr", sagt Uta Wilde, "und vor allem das letzte halbe Jahr war ungewöhnlich". Einerseits sei es natürlich eine Freude, den Flüchtlingen helfen zu können und sie willkommen zu heißen. Aber gerade in letzter Zeit sei die Arbeit belastender und komplizierter geworden: Damit es nicht zu Neid und Spannungen zwischen Flüchtlingen aus Syrien und andererseits aus Afghanistan und Eritrea kommt, müssen die Mitarbeiter darauf achten, alle Gruppen gleich zu behandeln.

Doch nicht nur Flüchtlinge nutzen die Kleiderkammer, sondern auch Obdachlose, Rentnerinnen oder Langzeitarbeitslose, und auch ganz normale Bürger. Uta Wilde ist wichtig, dass neben den Flüchtlingen die anderen Bedürftigen nicht vergessen werden. "An die wird nicht so viel gedacht im Moment."

Wegen des hohen Bedarfs wurden die Öffnungszeiten an der Burgstraße erweitert und nach Nutzergruppen getrennt. 50 bis 60 Besucher schauen pro Tag vorbei. Wenn Flüchtlinge eingekleidet werden, ist nur noch der vordere Verkaufsraum geöffnet, wo Mitarbeiter die Kleidung kontrolliert ausgeben.

So soll sichergestellt sein, dass jeder Flüchtling gegen Vorlage von Papieren auch nur einen Satz Kleidung erhält. "Es ist viel Kontrolle nötig." Damit die Mitarbeiterinnen von den männlichen Flüchtlingen respektiert werden, gab ein türkischer Kollege einen Tipp: "Man muss als Frau auch mal laut werden, um sich durchzusetzen."

Eine besondere Herausforderung ist, dass 80 Prozent der zu versorgenden Flüchtlinge junge, schlanke Männer sind. Kleidung in ihrer Größe ist besonders stark nachgefragt, aber nicht leicht zu bekommen. Zwar ist das Aufkommen an Kleiderspenden enorm gestiegen, die Qualität hat jedoch gelitten. Das bedeutet Mehrarbeit für die Mitarbeiter, die jeden Sack sortieren. "Wir behalten nur die guten Dinge, der Rest kommt zum Recycling", sagt Uta Wilde. Wer sichergehen will, dass seine gespendete Kleidung bei den Menschen in Solingen ankommt, sollte sie direkt beim DRK abgeben, wie Uta Wilde empfiehlt. Kleidung, die in einem Container landet, kommt dagegen zu einem gewerblichen Verwerter, der die Wohlfahrtsverbände nur an den Erlösen beteiligt. Ein international besetztes 18-köpfiges Team vor allem aus Ehrenamtlichen bringt sich in der Kleiderkammer ein und sortiert, faltet und verteilt im Jahr tausende von Kleidungsstücken. Ein Vorteil der Mitarbeiter ist die Mehrsprachigkeit: Russisch, Polnisch, Serbisch, Türkisch oder Arabisch; viele Kunden treffen hier auf ihre Muttersprache und es entsteht ein erster persönlicher Kontakt.

"Wir halten die Menschlichkeit hoch", sagt Uta Wilde. Auch ein syrischer Flüchtling arbeitet mit. Er hatte einst im Irak Zelte für das DRK aufgebaut, was ihn auf die Idee brachte, auch in Deutschland der Organisation zu helfen.

(RP)
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