Solingen Bande sprengt Geldautomaten in Ohligs

Solingen · Anwohner der Hildener Straße wurden aus dem Schlaf gerissen. Unbekannte haben den freistehenden Geldautomaten der Sparkasse in die Luft gejagt und einen hohen Betrag erbeutet. Die Polizei geht von Tätern aus den Niederlanden aus.

 Nach der Explosion lagen überall Trümmer. Die Polizei sperrte den Tatort ab. Im morgendlichen Berufsverkehr kam es zu Behinderungen.

Nach der Explosion lagen überall Trümmer. Die Polizei sperrte den Tatort ab. Im morgendlichen Berufsverkehr kam es zu Behinderungen.

Foto: Schüller

Eben noch war der große Parkplatz an der Hildener Straße in tiefe Dunkelheit gehüllt gewesen. Doch dann zerriss plötzlich ein ohrenbetäubender Knall die nächtliche Ruhe - und binnen Bruchteilen von Sekunden brach auf dem Areal eines Discounters in Ohligs die sprichwörtliche Hölle los. Unbekannte Räuber haben in der Nacht zu Freitag gegen kurz nach 4 Uhr morgens das freistehende Geldautomaten-Häuschen der Stadt-Sparkasse Solingen an der Hildener Straße zur Explosion gebracht.

Bei der Sprengung fiel den Tätern ein größerer Geldbetrag in die Hände. Anschließend gelang es der Bande aus zwei oder drei Kriminellen, unerkannt in einem PS-starken Auto, das vermutlich vor der Tat gestohlen worden war, zu entkommen. Zwar waren durch die Lautstärke der Explosion zahlreiche Anwohner im Ohligser Westen aus ihrem Schlaf gerissen worden und hatten umgehend die Polizei alarmiert. Doch die Suche nach den Tätern, die mit hoher Geschwindigkeit und ausgeschaltetem Licht flohen, blieb zuletzt trotz einer sofort eingeleiteten Großfahndung, bei der sogar ein Hubschrauber zu Einsatz kam, erfolglos.

 Nach der Sprengung wurde das Häuschen mit dem Automaten durch Bretter zunächst einmal vor weiterem Vandalismus geschützt.

Nach der Sprengung wurde das Häuschen mit dem Automaten durch Bretter zunächst einmal vor weiterem Vandalismus geschützt.

Foto: Köhlen

Später sicherten Fahnder der Kripo dann erste Spuren am Tatort. Die Detonation war so heftig gewesen, dass die Trümmerteile über mehrere Meter verteilt auf dem Parkplatz lagen. "Die gefundenen Spuren gilt es jetzt zunächst einmal auszuwerten", sagte eine Sprecherin der Polizei am Freitagmittag, die zudem darauf verwies, auch die Art der Explosion sowie das möglicherweise verwendete Gasgemisch seien zu untersuchen.

Tatsächlich kämpfen die Sicherheitsbehörden schon seit geraumer Zeit gegen einige in Verdacht stehende Banden aus etwa 200 bis 250 Personen. Diese Gruppen sollen allein im laufenden Jahr bislang 60 Mal in NRW zugeschlagen und dabei stets ein erschreckendes Maß an "Professionalität" an den Tag gelegt haben.

"Wir gehen davon aus, dass sich die Täter immer sehr akribisch vorbereiten", betonte beispielsweise ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) gestern auf Anfrage unserer Redaktion. So überlassen die Täter, die zumeist niederländische Staatsbürger marokkanischer Abstammung sein sollen, nichts dem Zufall. Von der Auswahl des Tatorts über die Planung der Fluchtroute bis hin zur Beschaffung der Fahrzeuge - alle Eventualitäten werden nach Überzeugung der Fahnder von den Bandenmitgliedern exakt abgewogen, so dass es der Polizei zumeist sehr schwerfällt, die Räuber zu schnappen.

Aus diesem Grund wurde beim LKA vor rund zwei Jahren eine spezielle Ermittlergruppe gebildet, die sich einzig und allein mit Geldautomaten-Sprengungen befasst. Unter anderem arbeitete bis zu diesem Sommer ein niederländischer Verbindungsbeamter mit den deutschen Kollegen zusammen, denen es mittlerweile gelungen ist, zumindest einiger Täter habhaft zu werden.

So ging der Polizei in den vergangenen Monaten in Köln beziehungsweise im ostwestfälischen Löhne eine Gruppe von Männern ins Netz, die unter anderem dafür verantwortlich sein soll, im Oktober 2016 den Automaten der Deutsche-Bank-Selbstbedienungsfiliale in Wald in die Luft gejagt zu haben. Und auch in anderen NRW-Städten, in denen die Banden Domizile hatten, konnten die Ermittler zuletzt zuschlagen - etwa in Bochum, wo ein Garagenlager ausgehoben wurde.

Allerdings sind solche Erfolge einstweilen nicht viel mehr als die sinnbildlichen Tropfen auf den heißen Stein. Darum überprüfen die Geldinstitute wie die nun betroffene Stadt-Sparkasse in regelmäßigen Abständen immer wieder ihrerseits die eigenen Sicherheitsvorkehrungen, wie Martin Idelberger von der Sparkasse Solingen am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion unterstrich.

Die Sparkasse sei bis zur Tat vom Freitag von Geldautomaten-Sprengungen verschont geblieben, sagte Idelberger. Dennoch haben die Verantwortlichen die Problematik schon seit längerem erkannt - zumal die Stadt-Sparkasse über 44 Geldautomaten-Stellen verfügt, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt liegen.

Wie hoch der Schaden bei der Sprengung in Ohligs ausgefallen ist, blieb zunächst noch unklar. Und wann die Kunden an der Hildener Straße wieder Geld abheben können, steht ebenfalls in den Sternen. Die Polizei bittet Zeugen, die etwas Verdächtiges bemerkt haben, sich mit den Beamten des zuständigen Kriminalkommissariats unter der Telefonnummer 0202/284-0 in Verbindung zu setzen.

(or)
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