Kai Buschhaus Auszubildende sind Mangelware

Solingen · Das Handwerk sucht händeringend Nachwuchs - trotz glänzender Zukunftschancen. Der Kreishandwerksmeister der Solinger Kreishandwerkerschaft erläutert die Gründe dafür und die Nöte seiner Kollegen.

Herr Buschhaus, Sie als Kreishandwerksmeister müssen es wissen: Würden Sie zu einer Ausbildung im Handwerk raten?

Buschhaus Ich kann aus voller Überzeugung dazu raten. Wer seine handwerkliche Ausbildung erfolgreich abschließt, der hat hervorragende Zukunftsperspektiven. Der Bedarf an Nachwuchshandwerkern ist sehr groß und die Übernahmechancen nach der Ausbildung hervorragend. Die Auftragslage ist sehr gut. Nicht selten gibt es sogar die Möglichkeit, später selbst einen eigenen Betrieb zu führen. Auch das Lohnniveau kann sich sehen lassen.

Warum haben es dann nicht nur die Solinger Handwerksbetriebe so schwer, geeignete Auszubildende zu finden?

BUschhaus Dies ist eine bedauernswerte Entwicklung. Mittlerweile ist es so, dass viele junge Menschen vom breiten Angebot an Berufsmöglichkeiten schlichtweg überfordert sind. Ein Freiwilliges Soziales Jahr, ein Auslandsaufenthalt oder ein Studium direkt nach dem Abitur sind mittlerweile beliebter als eine handwerkliche Ausbildung. Dabei geht es auch um Prestige. Ein Studium gilt als höherwertiger als eine Ausbildung im Handwerk.

Was haben Sie diesen Einwänden entgegen zu setzen?

Buschhaus Das Handwerk bietet neben den hervorragenden Zukunftsperspektiven bereits während der Ausbildung tolle Chancen wie eine duale Ausrichtung, von denen leider nur sehr wenige junge Menschen etwas wissen. Die Kombination aus Ausbildung und Studium oder einer Weiterbildung bietet die besten Erfolgsaussichten auf dem späteren Arbeitsmarkt. Berufliche Bildung ist ebenso wichtig wie schulische.

Hat die breit angelegte Image-Kampagne für das Handwerk daran nichts geändert?

Buschhaus So für uns Werbung zu machen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch gibt es bei weitem immer noch zu wenige Auszubildende. Die wenigen Bewerber, die wir bekommen, sind zudem leider häufig nicht für den Beruf geeignet.

Wie viele Handwerker in spe bilden Sie momentan aus?

Buschhaus Derzeit leider nur einen. Ich würde mir bis zu zwei mehr wünschen.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?

Buschhaus Für mich war klar, dass ich etwas Technisches lernen wollte. Und ich bin darin auch von meinem Vater, selbst Bankkaufmann, unterstützt worden. Mittlerweile bin ich 50 Jahre alt, arbeite seit 30 Jahren in meinem Beruf und bin seit 25 Jahren Maurer- und Betonbaumeister. Ich kann sagen, dass mir meine Arbeit nach wie vor viel Freude macht."

Wie angespannt ist die Situation der Solinger Handwerksbetriebe?

Buschhaus Meine Kollegen in den Innungen und mich besorgt, dass es massiv an Nachwuchs fehlt. Besonders im Lebensmittelbereich und in den Bauberufen finden wir kaum Auszubildende. Hier muss sich schnell etwas ändern.

Was passiert, wenn sich nichts ändert?

Buschhaus Dann könnten viele erfolgreiche Handwerksbetriebe in ein paar Jahren vor dem Aus stehen. Ich schätze, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre rund hundert Solinger Handwerkbetriebe einen Nachfolger brauchen werden. Der Altersdurchschnitt der Unternehmer in den Innungsbetrieben liegt bei etwa 50 Jahren. Uns fehlen also zwei komplette Generationen. Diese Lücke zu schließen, ist sehr schwierig.

Wissen Sie schon, was mit Ihrem eigenen Unternehmen geschehen wird, wenn Sie einmal in den Ruhestand gehen?

Buschhaus Genau weiß ich das noch nicht. Mich freut es jedoch sehr, dass mein Sohn momentan eine Ausbildung zum Maurer und Betonbauer macht. Es war sein freier Entschluss und er absolviert seine Lehre mit viel Begeisterung. Er wird in der Branche einmal sehr gefragt sein. Vielleicht übernimmt er auch einmal den Familienbetrieb."

PIA BERGMEISTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(pb)
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