Solingen Arbeitgeber kritisieren Tarifabschluss

Solingen · Horst Gabriel, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Solingen und Mitglied der NRW-Metalltarifkommission, hatte ohnehin schon bis um 2.30 Uhr vor dem heimischen Computer gesessen. Doch was dort sowie via Telefon schließlich von den Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg erfuhr, dürfte ihm endgültig den Schlaf geraubt haben.

"Das Ergebnis ist für die Betriebe eine Katastrophe", kommentierte der Arbeitgeber-Chef gestern den Abschluss in der südwestdeutschen Metallindustrie, der traditionell wohl auch in NRW übernommen wird. Eine Laufzeit von 27 Monaten, 4,3 Prozent mehr Geld und dazu jährliche Einmalzahlungen sind dabei nur ein Teil des nun vorliegenden Pilotabschlusses. Die Beschäftigten der Branche können darüber hinaus nämlich für bis zu zwei Jahre ihre Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden absenken. Im Gegenzug dürfen Betriebe dann mit mehr Beschäftigten als bisher 40-Stunden-Verträge abschließen.

Wobei für Horst Gabriel vor allem die Lohnerhöhungen ein Problem darstellen. Denn diese sind aus seiner Sicht eine "Hypothek", die künftige Investitionen infrage stellen. "Das hindert uns daran, uns in Sachen Digitalisierung und Flexibilisierung fortzuentwickeln", sagte der Unternehmer. Zwar werde der Abschluss sicher in NRW übernommen, aber viele auch große Firmen hätten bereits angekündigt, den Arbeitgeberverband jetzt verlassen zu wollen. Gabriel: "So wird die IG Metall zum Totengräber des Flächentarifvertrages."

Für den Betriebsratsvorsitzenden des Rasierklingenherstellers Wilkinson ist der Pilot-Abschluss ein gutes Ergebnis. "Das entspricht unseren Erwartungen und den wirtschaftlichen Daten", sagte Wolfgang Mehlau. Der Geschäftsführer der IG Metall Remscheid-Solingen, Marko Röhrig, bewertet den Tarifkompromiss ebenfalls positiv: "Ein guter Pilotabschluss mit einem ordentlichen Schluck aus der Pulle."

Die lange Laufzeit von 27 Monaten gefällt den beiden Gewerkschaftern dagegen weniger, der Tarifvertrag hat somit eine Gültigkeit bis Ende März 2020. Vereinbart wurde für 2019 aber auch ein Festbetrag in Höhe von 400 Euro sowie ein neues tarifliches Zusatzgeld von 27,5 Prozent eines Monatseinkommens. Marko Röhrig: "Auch das kann sich sehen lassen".

(uwv/or)
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