"Ehrenmord"-Opfer aus Solingen Konkrete Hinweise im Fall an Hanaa S. nach "Aktenzeichen XY"

Solingen/Düsseldorf · Mithilfe der Ausstrahlung im ZDF hofft die Polizei, doch noch die Leiche der seit April 2015 spurlos verschwundenen Solingerin zu finden. Und es gibt bereits konkrete Hinweise auf das Schicksal der sechsfachen Mutter.

 Frank Gartmann (l.) von der Kripo bat mit Moderator Rudi Cerne um Hinweise der Zuschauer zum Verbleib von Hanna S.

Frank Gartmann (l.) von der Kripo bat mit Moderator Rudi Cerne um Hinweise der Zuschauer zum Verbleib von Hanna S.

Foto: Securitel/ZDF

Das Schicksal der von ihrer Familie mutmaßlich ermordeten Hanaa S. aus Solingen bewegt weiter die Menschen. Rund sechs Millionen Zuschauer sahen am Mittwochabend die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY". Darin widmeten die Fernsehmacher dem mysteriösen Fall einen 20-minütigen Filmbeitrag, mit dessen Hilfe das Martyrium der jungen Frau in den Monaten vor ihrem spurlosen Verschwinden am 21. April vergangenen Jahres nachgezeichnet wurde.

Noch während der Ausstrahlung gingen zahlreiche Hinweise zum Verbleib der sechsfachen Mutter ein. Allein im auch für Solingen zuständigen Polizeipräsidium Wuppertal nahmen die zuständigen Beamten rund 40 Anrufe entgegen. Dazu kamen weitere Zuschauerreaktionen, die in der Sendezentrale von "Aktenzeichen XY" in München aufliefen - und die durchaus zur Aufklärung des Falls beitragen könnten. "Einige der Tipps waren recht konkret", hieß es am Donnerstag bei der Polizei in einer ersten Zwischenbilanz nach der Sendung. Die Hinweise würden nun nacheinander abgearbeitet, sagte eine Polizeisprecherin auf Anfrage unserer Redaktion.

 Zuvor hatte das ZDF einen Film gezeigt, in dem auch der mögliche Mord dargestellt wurde.

Zuvor hatte das ZDF einen Film gezeigt, in dem auch der mögliche Mord dargestellt wurde.

Foto: ZDF

Dabei - das hatte der Chef der Mordkommission Frank Gartmann schon bei seinem Auftritt im Studio mit Moderator Rudi Cerne am Mittwoch klargestellt - haben die Ermittler aber keine Hoffnung mehr, Hanaa S. noch lebend zu finden. Im Gegenteil: Die Fahnder sind sicher, dass die 35-Jährige einem "Ehrenmord" zum Opfer fiel - und dass die Leiche nur Stunden nach der Tat von der Familie der Frau in einem Wald nahe Kronau in Baden-Württemberg beseitigt wurde.

Dementsprechend konzentrierte sich der XY-Beitrag zu einem nicht unerheblichen Teil auf das mögliche Versteck für die sterblichen Überreste der gebürtigen Irakerin. Gleichzeitig vermittelte der Film aber auch eine Ahnung von den Qualen und Ängsten, die Hanaa S. in ihren letzten Lebensmonaten hatte ausstehen müssen. Als 15-jähriges Mädchen war sie, die der Religionsgemeinschaft der Jesiden angehörte, zwangsverheiratet worden. Was folgte, waren Jahre der Demütigungen und Misshandlungen durch den Ehemann, mit dem Hanaa S. in Düsseldorf lebte. Erst allmählich emanzipierte sich die junge Frau. Sie lernte Deutsch und löste sich nach und nach von der Familie, ehe sie diese im Jahr 2014 schließlich zusammen mit ihrer kleinsten Tochter verließ.

Hanaa S. hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einen anderen Mann verliebt, der ihr auch ihre neue Wohnung in Solingen besorgte. Doch dieses Glück war nicht von langer Dauer. Denn vor Gericht verlor sie das Sorgerecht für die Tochter. Und die Familie bedrohte die 35-Jährige immer wieder - bis zu jenem schicksalhaften Tag im April 2015, an dem Hanaa S. zuletzt lebend gesehen wurde und an dem sich ihre Spur verlor.

Inzwischen sitzen der Ehemann, ein Sohn sowie zwei Schwager der Vermissten wegen Mordverdachts in U-Haft. Gleichwohl ist der Fall für die Ermittler aufgrund der fehlenden Leiche noch nicht gelöst. Darum wandten sich Mordkommission und Staatsanwaltschaft jetzt an das ZDF. "Wir haben in der Vergangenheit bereits andere Fälle in 'Aktenzeichen XY' ausstrahlen lassen", sagte die Polizeisprecherin.

Dabei gehen einer TV-Sendung stets wochenlange Vorbereitungen voraus. Vor einer Ausstrahlung gibt es nämlich viele Details zu klären, um den Fahndungserfolg nicht zu gefährden. So stellen sich die Fahnder beispielsweise die Frage, mit welchen Informationen sie einerseits schon an die Öffentlichkeit gehen können? Und andererseits wird überlegt, welche Details aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten werden müssen? "Deshalb werden die Drehbücher am Ende auch noch einmal den zuständigen Beamten vorgelegt", sagte eine Sprecherin der von "Aktenzeichen XY" beauftragten Presseagentur.

Denn erst wenn die Fahnder Grünes Licht gegeben haben, können die Dreharbeiten beginnen. Auch jene zum Film über Hanaa S., der großteils in München produziert wurde. Und der vielleicht doch noch Licht in den Solinger Fall bringt. Hoffnung legen die Ermittler der Mordkommission vor allem auf die zwei Autos, mit denen die Leiche von Hanaa S. vermutlich von Solingen aus nach Süddeutschland transportiert wurde. Denn durch die Ausstrahlung könnten erstmals Zeugen aus Baden-Württemberg auf dem Fall aufmerksam geworden sein und die Fahrzeuge wiedererkannt haben, die bislang noch nichts vom Schicksal der jungen Solingerin mitbekommen hatten.

(RP)
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