Rommerskirchen Experten erforschen neue Hühnerrassen

Rommerskirchen · Beim Wissenschaftlichen Geflügelhof in Sinsteden geht das seit 2013 laufende Projekt "Kryoreserve beim Huhn" in die letzte Runde. Mit gefrorenem Hahnensperma sollen alte Rassen vor dem Aussterben bewahrt werden.

 Mareike Fellmin mit einem "Rheinländer" , der zu den vom Aussterben bedrohten Rassen zählt. Das Forschungsprojekt "Kryoreserve beim Huhn" soll dem entgegenwirken.

Mareike Fellmin mit einem "Rheinländer" , der zu den vom Aussterben bedrohten Rassen zählt. Das Forschungsprojekt "Kryoreserve beim Huhn" soll dem entgegenwirken.

Foto: Georg Salzburg

Der in der Geflügelindustrie seit Jahrzehnten gängigen Massentötung männlicher Küken - Experten sprechen von rund 40 Millionen im Jahr - lässt sich mit veränderten Zuchtmethoden nicht entgegen steuern. "Züchterisch ist ein Huhn nicht möglich, wo das männliche Tier die gleiche Mastleistung wie ein Hybridtier erbringt und das weibliche dieselbe Legeleistung produziert wie ein Hybridtier", sagt Mareike Fellmin, die stellvertretende Leiterin des Wissenschaftlichen Geflügelhofs in Sinsteden, der sich auch mit solchen Fragen beschäftigt.

Eine zumindest denkbare Alternative wären so genannte "Zweinutzungshühner": "Ein bisschen weniger Eier und Fleisch, aber immer noch genug, das allerdings für einen etwas höheren Preis", beschreibt sie deren Konsequenzen. Die natürlich auch Wirtschaft und Konsumenten befürworten müssten. "Wenn ich so produktiv bleiben und auch diese Preise haben möchte, komme ich nicht umhin, Hybridlinien zu züchten", also "hochspezialisierte" Hennen für Legebatterien einerseits und Masthähnchen sowie millionenfach getötete männliche Küken andererseits.

Wesentlich besser haben es demgegenüber die in Sinsteden vertretenen Tiere, wobei der Wissenschaftliche Geflügelhof sein Augenmerk gerade auch den - weniger produktiven, dafür aber wesentlich artgerechter lebenden - "Zweinutzungsrassen" widmet, die Eier legen und Fleisch liefern, ohne dass männliche Küken von vornherein nur zu einem Dasein als Eintagsküken verurteilt wären. Auf die Zielgerade gehen Mareike Fellmin und ihre Mitstreiter inzwischen mit dem größten Projekt, dass in den bisherigen zwölf Jahren des Wissenschaftlichen Geflügelhofs in Angriff genommen wurde. "Kryoreserve beim Huhn" lautet dessen Motto. Dabei geht es um den Erhalt von Hühnerrassen, die vom Aussterben bedroht sind. Ein Grund dafür besteht in der Industrialisierung der Geflügelzucht, die viele Linien aus diesen alten Rassen "herausgezüchtet" hat. Seit 2013 wurden auf dem Geflügelhof jährlich Exemplare von vier verschiedenen Rassen großgezogen, die auf so illustre Namen hören wie Westfälische Totleger, Bergische Schlotterkämme oder Ostfriesische Möwen. Seit einigen Wochen sind die letzten Kandidaten im Rennen. Der 2017 auslaufende Modellversuch ist der erste seiner Art in Deutschland und wird auch deswegen mit einem stattlichen Betrag von der Bundesregierung gefördert. "Kryoreserve" bedeutet schlicht und einfach, dass Hahnensperma in flüssigem Stickstoff tiefgefroren wird. "Bei Rindern und Schweinen funktioniert es", erzählt Mareike Fellmin. Dass es im konkreten Fall ausschließlich um Hahnensperma geht, ist leicht erklärbar - Hühnereier können nicht tiefgefroren werden, da sie schnell platzen würden.

Das nächste große Projekt, dem sich der Wissenschaftliche Geflügelhof intensiv widmen will, beschäftigt sich unter anderem mit der laut Mareike Fellmin "tierschutzrelevanten Frage", wieweit die Kurzbeinigkeit mancher Rassen Ursache für ein kürzeres Leben ist.

(NGZ)
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