Rommerskirchen Ernte-Fiasko kann Existenzen ruinieren

Rommerskirchen · Es war die schlechteste Getreideernte seit mehr als 30 Jahren. Im Gebiet der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft könnte dies im Extremfall auch zum Bankrott von Landwirten führen, fürchtet "Bauer Willi" Kremer-Schillings.

"Man muss als Landwirt damit rechnen, dass es schlechte Ernten gibt, aber diese war bemerkenswert schlecht", sagt Willi Kremer-Schillings, stellvertretender Vorsitzender der Buir-Bliesheimer Agrargenossenschaft - und als Blogger "Bauer Willi" nicht allein unter Berufskollegen im ganzen deutschen Sprachraum bekannt.

Nach der geradezu sensationell guten Ernte 2015 verzeichnen die Landwirte nicht allein im Rheinland eine der schlechtesten Getreideernten seit Jahrzehnten: "Mindestens seit 30 Jahren" sei das Ergebnis nicht so miserabel gewesen, "In Nordfrankreich war es sogar die schlechteste Ernte seit 40 Jahren", illustriert Kremer-Schillings die Dimension des sommerlichen Fiaskos. "Niedrige Erträge, schlechte Qualität und niedrige Preise werden sich in den Portemonnaies unserer Landwirte auswirken", so der promovierte Agrarökonom. Sogar noch deutlich weiterreichende Konsequenzen sind in Einzelfällen nicht ausgeschlossen, befürchtet er.

"Es ist gut, wenn man in den sieben fetten Jahren etwas zurücklegt", verweist er auf das biblische Beispiel. "Wer das nicht getan hat, den könnte es die wirtschaftliche Existenz kosten", sagt Willi Kremer-Schillings auch mit Blick auf den Einzugsbereich der Buir-Bliesheimer. Weniger biblisch formuliert: "Wer in guten Jahren unvorsichtig investiert hat, könnte nach solch einem Jahr wie 2016 in eine Schieflage kommen."

Am Gillbach haben sogar die qualitativ besonders hochwertigen Lößböden das Ernte-Fiasko nicht mildern können, eher im Gegenteil: "Im Juni hat es fast jeden Tag geregnet, und da schwere Lößböden das Wasser halten, war das für die Pflanzen zuviel." In Richtung Dormagen, wo es vermehrt "leichte sandige Böden" gebe, sei die Ernte auch schlecht gewesen, "aber es war nicht solch ein Absturz wie hier", sagt Willi Kremer-Schillings. Nur ein Beispiel: Lag der Backweizen-Anteil der Ernte 2015 bei 98 Prozent, sind diesmal nur noch 30 Prozent zu gebrauchen. So bitter das Erntefazit aus der Sicht der Landwirte ausfällt, für die Verbraucher ergeben sich kaum Konsequenzen. "Es gibt keine Hungersnot", verweist Kremer-Schillings auf den jüngsten Beitrag in seinem Blog - und auf die positiven Seiten des Weltmarkts: Potenzielle Rekordernten in den USA und Kanada sowie in Russland sorgen dafür, dass die Preise nicht in die Höhe schnellen - wie es ansonsten unweigerlich der Fall wäre und zuletzt 1816/1817 in Europa mit besonders katastrophalen Folgen für die Bevölkerung verbunden war, woran "Bauer Willi" in seinem Blog erinnert. "Eigentlich müssten die Brötchen billiger werden, weil der Getreidepreis gesunken ist", merkt er in einem kleinen Seitenhieb auf die Nahrungsmittelindustrie des 21. Jahrhunderts an.

Willi Kremer-Schillings, der auch unter Kollegen gern gegen den Mainstream argumentiert, hält es dagegen für ein Glück, dass bei der Ernte der extrem giftige Pilz Fusarium rechtzeitig mit Fungiziden bekämpft worden ist. "Sonst wäre die Katastrophe noch größer geworden", sagt er.

(NGZ)
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