Rheinberg Zwei Akustik-Gitarristen zwischen Tradition und Sound-Experiment

Rheinberg · Der Rheinberger Gitarrist Heiko Bloemers ist ein Musiker, der ein Talent zum Kreieren sehr eigener Sounds besitzt. Der 29-Jährige nutzte im Zuge einer sechs Wochen langen Clubtour durch die Niederlande, Tschechien, Deutschland, Frankreich und Spanien gemeinsam mit seinem französischen Freund Matthieu Kiefer die Gelegenheit, zu Hause in Rheinberg aufzuschlagen. Am Wochenende gastierte er im Jugendzentrum Zuff.

Über Youtube-Videos der Vorbilder Tommy Immanuel und Andy McKeown war er vor gut zehn Jahren zur "fingerstyle"-Musik gekommen. "Daran fasziniert mich, dass das eine Ansammlung aller Techniken ist, die man mit der Gitarre benutzen kann und auch neue, die noch keiner kennt."

So lässt sich das Instrument in andere Stimmungen umstimmen. Auch neue Soundspektren lassen sich erschließen, den Korpus kann man als Cajun verwenden. "Mich fasziniert die Vielfältigkeit der Musik, die auf den ersten Blick nicht erkennbar erscheint", so Bloemers.

Der veranschaulichte auf seinen Stahlsaiten am Beispiel von "All along the watchtower" (Dylan/Hendrix), wo der Klang-Unterschied von konventioneller Melodie und verfremdeter "fingerstyle"-Gitarrenmusik liegt. Matthieu Kiefer durfte anschließend als erster sein musikalisches Universum des "cosmic fingerstyle" zu Gehör bringen.

Gleich der Anfang bot mit "The Celestial Symphony +1" sphärisch-akustikklingende Weiten mit percussiven Basselementen, verfremdeten "Wortgesang"-Begleitmotiven und filigranem Fingerspiel, das einem Soundtrack ähnelte.

"Hyperion" geriet dann schon ein Stück melodisch-rockiger, griffiger - das Vorbild des weltbekannten Akustikgitarristen Michael Hedges war in dem Fall nicht zu überhören. "Give it a try" brachte schöne Klanguntermalungen, eine fast poetisch-lyrische Melodie und assoziative Musik hervor.

Für "Beam Accelerator" stimmte Heiko Bloemers Saiten um, nutzte das Akustikinstrument als Slide-Gitarre mit einem Touch Akustic-Country - schnell, technisch sehr fingerfertig und dynamisch.

"The Mist" bewies seinen Touch für sehr gefühlvolle Melodien, die sich ins Ohr schmeicheln und durch den Hall an angenehmer Weite und Atmosphäre gewinnen. Und bei "Gliding with angels" verwendete er filigranes Picking am oberen Gitarrenhals, wendete Verfremdung für Hintergrundstimmen an und schuf einen atmosphärischen Klangraum. "Ruhige, coole Musik", meinte einer der Gäste zutreffend.

Danach durfte der Franzose Matthieu Kiefer zeigen, was er drauf hat. Gleich zu Beginn bei "Buoyancy momentum" benutzte er die Gitarre als Perkussionsinstrument, kratze am Gitarrenbett, zog die Saiten zusammen, zupfte nur zwei Töne und schuf darüber eine ganz eigene Klangdynamik und entwickelte so den Song weiter.

Mit seinen Fingern glitt er über das Instrument, verknüpfte Rhythmus, Picking und Klang zu einem eigenständigen Filigrankunstwerk, ging dabei stark in seinem Instrument auf, erhöhte Intensität, Dynamik, Dichte und Tempo seines Spiels und fesselte damit die Zuhörer mit kraftvoll dichtem Klang ohne großen Schnickschnack.

Zum Schluss jammten die beiden Gitarristen miteinander, spielten sich gegenseitig die Klangbälle zu, harmonierten dabei prächtig. Fazit: Zwei musikalische Charaktere, die mit großer Verve Musik machen und dabei auf hohem technischen Niveau besondere Klangwelten erzeugen können.

(aflo)
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