Rheinberg "Winterreise" als Ein-Mann-Oper

Rheinberg · Bariton Christoph von Weitzel und Pianist Ulrich Pakusch spielten Schubert.

Ein Klavier, Utensilien auf dem Konzertboden, ein paar Lichter - so stellte sich der Rahmen für einen besonderen Liederabend dar, den die Musikalische Gesellschaft Rheinberg in der Stadthalle ausrichten durfte.

Für die Darstellung und Interpretation von Franz Schuberts "Winterreise" hatte die Vorsitzende der Gesellschaft, Lore Rabe, den Bariton Christoph von Weitzel und den Pianisten Ulrich Pakusch gewinnen können.

Mit dem Projekt "Oper für Obdach" ist von Weitzel seit dem November vergangenen Jahres in ganz Deutschland unterwegs - ein persönliches Erlebnis habe ihn dazu gebracht, diese Konzertreihe den Obdachlosen zur Verfügung zu stellen, gab er mal in einem Interview an.

So trat der Mann aus Mittelfranken auch in der Stadthalle auf. Das Haar zerzaust, leicht gebückt und mit zerlumptem Mantel betrat er die Bühne.

Mit seinem tiefen Bariton ließ er dann die Anfangsverse "Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh' ich wieder aus" erklingen, um die Zuhörer in der mäßig gefüllten Halle auf die Reise des Wanderers mitzunehmen, der sich nach einem Liebeserlebnis ("Das Mädchen sprach von Liebe, die Mutter gar von Eh'") auf eine ziellose Reise in die Nacht begibt.

Wo Franz Schubert mit dem Liederzyklus den existenziellen Schmerz des Menschen darstellen wollte, versucht von Weitzel in dieser "One Man-Oper", die Lieder als Sinnbild von Einsamkeit, Ausgrenzung und Heimatlosigkeit auszudeuten.

Jede einzelne Sequenz der Reise und damit jedes Lied erhielt durch eine gewisse Pause eine Form der Eigenständigkeit, die von Weitzel gerade im ersten Teil mit ausladender Geste zu schauspielern wusste.

Das wurde deutlich, wenn er die "gefror'nen Tränen" mit offfenen Händen thematisierte , das Innehalten am "Lindenbaum" oder auch die Orientierungslosigkeit durch das "Irrlicht", das den Wanderer auf die falsche Fährte geführt hat. Musikalisch mal dezent, dann wieder sehr akzentuiert die Texte unterstützend geriet das starke Klavierspiel von Ulrich Pakusch.

Vielleicht dem Schauspiel geschuldet, gelang es von Weitzel allerdings im ersten Teil nicht, seinem Gesang Klarheit und Ausdruck zu verleihen. Einige im Publikum merkten in der Pause an, dass sie des Sängers Worte nicht immer deutlich verstanden.

Im zweiten Konzertteil agierte er dann etwas sparsamer in seinen Gesten, lag der Akzent hörbar auf einer die Inhalte ausdeutenden Artikulation und des Gesangs, der die aufmerksamen Zuhörer erkennbar fesselte und die Idee des Liederabends deutlich werden ließ.

(RP)
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