Rheinberg Wenn das Finanzamt zum Prellbock des Lebens wird

Rheinberg · Eigentlich wollte Stefan Waghubinger sein neues Kabarett-Programm schreiben, aber dazu kam er nicht, weil erstmal die Steuererklärung anstand. Also nahm er die Formulare einfach mit in die Rheinberger Stadthalle und machte sich dort zum Vergnügen der rund 200 Gäste an das nötige Übel. Am Niederrhein kennt sich der Oberösterreicher bestens aus, immerhin hat er hier vor vier Jahren den Niederrheinischen Kabarettpreis das "Schwarze Schaf" gewonnen. "Die Steuererklärung ist der Berg, der einem vom Leben trennt", stellt er gleich auf seine unvergleichlich trockene Art fest.

Waghubinger steht für bissigen, teils tiefschwarzen Humor. Schenkelklopfer und Zoten überlässt er anderen. Mit subtilen, fast schon philosophisch anmutenden Sätzen fesselt er sein Publikum. "Die Zukunft rast an einem vorbei, und plötzlich hast du mehr Zukunft hinter dir als du jemals vor dir hattest", erläutert der 50-jährige seine Sichtweise des Alterns. Den Lebensweg beschreibt er mit einem Gummi, das immer spannender wird, je länger es sich hinzieht. "Irgendwann reißt's, und das Leben ist hin. Auf der anderen Seite fängt manches Leben erst mit einem gerissenen Gummi an."

Zwischendurch macht er sich dann aber doch an die eigentliche Arbeit und stößt auf eine Quittung für einen Kopierer. "Weil die auf Thermopapier gedruckt ist, musste ich sie kopieren. Eigentlich bräuchte ich gar keinen Kopierer, wenn ich nicht die Rechnung für den Kopierer kopieren müsste."

Besonders schräg wird es immer dann, wenn Waghubinger seine ganz persönlichen Sichtweisen offenbart. Da erfährt dann selbst die böse Grimm-Hexe moralische Rückendeckung: "Wieso verurteilen wir eigentlich diese alte Dame? Sie hat doch nichts weiter gemacht, als sich einen privaten Nutz-Hänsel für den Eigenbedarf zu halten." Mit einer solchen Einstellung ist natürlich auch der Versuch zum Scheitern verurteilt, die Tochter politisch korrekt zu erziehen. Als diese mit ihren Puppen Barbie und Ken ins Wohnzimmer kommt, Ken vorneweg und Barbie mit Koffern in den Händen, ist Sensibilität gefragt. "Das geht doch nicht, wir sind hier doch nicht in Arabien, wo der Mann stolz vorweg marschiert." Das hat der Nachwuchs verstanden. Dumm nur, dass Ken am nächsten Tag in den Farbeimer fällt und schokoladenbraun wird. "Das muss man sich mal vorstellen, da läuft Barbie mit stolzgeschwellter Brust vorne weg, und der Schwarze muss ihre Koffer schleppen. Das geht ja gar nicht."

Da kann man(n) schon eher mal den Geburtstag der Frau vergessen, denn das ist Natur. "Es kann nämlich vorkommen, dass sich so ein Datum im männlichen Hirn in ein Fußballergebnis verwandelt", meint Waghubinger und erntet am Ende begeisterten Beifall für beste Unterhaltung.

(erko)
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