Rheinberg Viele Flüchtlinge möchten arbeiten

Rheinberg · Arbeitsagentur sieht Chancen zur Integration vor allem im Handwerk.

Die Rheinberger Frauen-Union (FU) beschäftigt sich in diesem Jahr schwerpunkmäßig mit dem Thema Flüchtlinge. Nachdem sie bei einem Besuch der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) Orsoy und der Mitgestaltung an einem Kinderfest erste Erfahrungen gesammelt hatten, wollten sie nun wissen, wie es um die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt bestellt ist. Dazu hatten sie Christian Parnitzke von der Arbeitsagentur Wesel in den Biergarten der Alten Apotheke am Markt eingeladen.

Parnitzke ist als Teamleiter des im vergangenen Jahr eingerichteten "Integration Point" bestens mit dem Thema vertraut. "Mit sechs Mitarbeitern in Wesel und an den Standorten Dinslaken, Moers und Kamp-Lintfort sind wir kreisweit für 1300 Flüchtlinge zuständig", umriss Parnitzke das Aufgabengebiet.

Was die Vermittlung in den Arbeitsmarkt betrifft, kommt der gesamte kaufmännische Bereich aufgrund von Sprachbarrieren kaum infrage. Anders sieht das im Handwerk aus. Generell gilt, dass Vorkenntnisse hilfreich und mitunter vorhanden sind.

"Auf der einen Seite müssen wir die Menschen zunächst alphabetisieren, auf der anderen Seite sind viele Bauingenieure, Mediziner oder Nachrichtentechniker zu uns gekommen, die in Teilen über eine sehr gute Ausbildung verfügen", beschreibt Parnitzke das Spektrum.

Lob vom Arbeitsmarktexperten gab es für die Einstellung der Neuankömmlinge: "Flächendeckend kann man sagen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber hochzuverlässig und hochmotiviert sind. Allerdings haben sie eine belastende Geschichte hinter sich, die uns früher oder später einholen wird."

Christian Parnitzke nutzte die Gelegenheit, mit einem verbreiteten Irrglauben aufzuräumen: "Das Flüchtlinge bei uns nicht arbeiten dürfen, stimmt so nicht. Jeder, der drei Monate hier ist, hat theoretisch Zugang zum Arbeitsmarkt, es sei denn, er kommt aus einem sicheren Herkunftsland. Bedingung ist die Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde."

Sind Unternehmen überhaupt bereit, Flüchtlinge einzustellen? "Nur ein Bruchteil macht das. Das ist noch ein dickes Brett, das wir bohren müssen", so Parnitzke. Chancen böte ansteigende Facharbeitermangel im Handwerk und in der Gastronomie sowie die zunehmende Unzufriedenheit der Betriebe mit deutschen Lehrlingen. "Viele Ausbildungsbetriebe bemängeln uns gegenüber mangelndes Sozialverhalten der Auszubildenden, Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit sowie die Nutzung des Smartphones am Arbeitsplatz", berichtet der Experte.

Die praktischen Erfahrungen mit Flüchtlingen würden von den Betrieben durchweg positiv beurteilt. Mit intensiven Sprachkursen und längeren Praktika zum gegenseitigen Kennenlernen möchte die Arbeitsagentur mehr Flüchtlinge in den Ausbildungsmarkt bringen.

(RP)
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