Rheinberg Verurteilter Rheinberger will Unschuld beweisen

Rheinberg · 47-Jähriger sollte für sechs Jahre ins Gefängnis, weil er eine 90-jährige Seniorin in Krefeld überfallen haben soll.

In einem Revisionsverfahren will ein 47-Jähriger aus Rheinberg jetzt beweisen, dass er wegen des brutalen Überfalls auf eine Rentnerin zu Unrecht verurteilt worden ist. Das Krefelder Landgericht hatte ihn vor knapp einem Jahr wegen schwerer räuberische Erpressung unter Einbeziehung einer Vorstrafe zu sechs Jahren Haft verurteilt. Er selber hatte abgestritten, eine 90-jährige Frau überfallen zu haben.

Verteidiger Christian Stieg teilte jetzt mit, dass der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil aufgehoben habe. Nun werde das Verfahren erneut aufgerollt. Er werde auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs erneut einen Freispruch beantragen.

Die Tat an sich war schockierend für die alte Frau. Im Sommer vor knapp vier Jahren hatte sie nicht schlafen können und im Wohnzimmer vor dem Fernseher gesessen. Es war heiß, die Terrassentür geöffnet. Plötzlich kamen mehrere Männer von hinten, fesselten und bedrohten sie. Aus Angst verriet die Seniorin, wo sie ihr Geld versteckt hatte. Die Täter entkamen mit mehreren tausend Euro. Kurz danach zog die Frau in ein Seniorenheim, sie verlor die Erinnerung an den Überfall. Der Angeklagte und sein Stiefsohn wurden erst lange Zeit später aufgrund der Spuren am Klebeband als mögliche Täter ermittelt.

Das Krefelder Landgericht war nach einem mehrtägigen Prozess von der Schuld des 47-Jährigen überzeugt. Die Beweisaufnahme war ausgesprochen umfangreich, sogar Zeugen aus dem Ausland wurden vernommen. Stempel im Reisepass und Zeugen, die den Auslandsaufenthalt des Angeklagten zur Tatzeit bestätigen sollten, überzeugten das Gericht indes nicht. Auch das Alibi - ein Facharztbesuch in Belgrad - löste sich in Luft auf. Vor Gericht wollten Angehörige nicht so weit gehen zu schwören, dass der Angeklagte genau zur Tatzeit bei ihnen war. Der Richter folgerte schließlich, es gebe viele Argumente für beide Seiten, dennoch habe man keine Zweifel an der Schuld des Rheinbergers.

Der BGH wies laut Verteidigung das Verfahren unter anderem zurück, weil es sich um eine bloße Vermutung handele, dass Ein- und Ausreisestempel auch durch Bestechung hätten beschafft worden sein können. Auch der Stiefsohn des 47-Jährigen hatte sich wegen des gemeinsamen Überfalls verantworten müssen, allerdings vor anderen Richtern. Er war in erster Instanz vor dem Schöffengericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Die Berufungskammer sprach ihn dann "im Zweifel für den Angeklagten" frei. Sowohl vom 47-Jährigen als auch von seinem Stiefsohn waren Spuren am Klebeband festgestellt worden, mit dem die Rentnerin gefesselt worden war. Die Spuren des Älteren ließen sich allerdings an mehreren Stellen nachweisen, wie sie nur beim Abwickeln - möglicherweise zum Fesseln des Opfers - entstanden sein können.

(bil)
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