Rheinberg So weit die Füße tragen

Rheinberg · Fabian Kempken (28) aus Orsoy stieg aus, um anzukommen - irgendwo. In Katalonien führt er Touristen zu reichen Fischgründen. Momentan macht er Station in der Heimat und schmiedet Pläne für eine Rundwanderung in Vietnam.

Eigentlich schien der Weg für Fabian Kempken vorgezeichnet: Schule, Ausbildung zum Altenpfleger, Festanstellung im Wiesenhof, große Liebe, Verlobung und - peng. "Der Gedanke an eine Doppelhaushälfte mit kleinem Garten und Hecke drumherum hat mir richtig Angst gemacht", erinnert sich der Rheinberger. Statt sich um einen Bausparvertrag und die nächste Einkommensteuererklärung zu kümmern, bereitete Kempken seinen Ausstieg vor. Er löste seine Wohnung in Orsoy auf, verhökerte alles, was sich irgendwie zu Geld machen ließ und wanderte vor eineinhalb Jahren einfach los, monatelang und ohne festes Ziel.

"Gerade dieses planlose Wandern gibt mir am meisten. Man findet dabei extrem zu sich selbst", so Kempken. Mit gerade einmal drei Euro am Tag handelte es sich um einen sehr preiswerten Selbstfindungstrip. "Wasser bekommt man an jeder Haustür. Und etwas zu essen findet sich meistens auf den Feldern. Man kommt in der Natur sehr gut zurecht", sagt Kempken.

Über Holland, Belgien und Frankreich landete der Aussteiger schließlich im kleinen Fischerort Riba-roja d'Ebre mitten in Katalonien, 250 Kilometer westlich von Barcelona. Dort wurde für den passionierten Angler ein Traum wahr: Im Camp des Black-Cat-Team führte er Touristen zu den aussichtsreichsten Fischgründen. "Ich habe nie eine Richtung im Kopf gehabt, bin einfach losgelaufen und am Ende angekommen", erzählt der 28-jährige. Vorläufig zumindest, denn während seine Kunden am Abend ihre Fische grillten, schmiedete der Weltenbummler in der Hängematte vorm Wohncontainer die nächsten Pläne.

Dabei hilft stets seine To-Do-Liste, auf der alles steht, was er irgendwann mal toll fand und machen wollte. Ganz oben steht der Wunsch, Vietnam und Thailand zu erkunden. Zu Fuß natürlich. "In dem Camp leben viele Aussteiger und Weltenbummler. Einer davon war einige Monate in Vietnam und schwärmt heute noch davon", erzählt Kempken.

In einem Jahr geht es los, zunächst mit dem Flugzeug nach Hanoi, danach in Wanderstiefeln querfeldein. Abseits der Touristenmagneten möchte Kempken Land und vor allem Leute kennenlernen. "Man kann überall in Vietnam bei Familien günstig übernachten und nebenbei erleben, wie die Menschen dort leben. Das finde ich extrem spannend", freut sich der Globetrotter.

Dass ihn der Weg auch mal durch den Dschungel mit all seinen Gefahren führt, bereitet ihm keine Sorgen: "Die Natur tut einem nichts. Angst habe ich eher, wenn ich in die Nähe von Menschen komme. In Barcelona bin ich mal überfallen worden." Zwei bis drei Monate möchte er in Asien bleiben, vielleicht länger.

Fabian Kempken lässt sich treiben und ist glücklich mit diesem Lebensmodell: "Wenn ich morgens aufwache, habe ich Bock auf den Tag. Dieses Gefühl hatte ich in Deutschland nicht, obwohl mir meine Arbeit Spaß gemacht hat. Aber dort war irgendwie alles grau und dunkel, jeder erst mal negativ eingestellt."

Der junge Mann verkörpert Lebensfreude, er strahlt unglaublichen Optimismus aus. Dass der Preis für die grenzenlose Freiheit mal zu hoch ausfallen könnte, stört ihn nicht: "Ich glaube nicht an die Rente, habe viele Freunde jung verloren. Ich hätte Angst davor, nicht gelebt zu haben. Im Wiesenhof hat mir mal ein alter Mann gesagt: Es lohnt sich nicht, der Reichste auf dem Friedhof zu sein. Recht hat er."

(erko)
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