Alpen Kleines Einmaleins mit Fräulein Heinz

Alpen · 50 Jahre nach der Entlassung aus der Volksschule Menzelen-West haben sich jetzt neun Ehemalige mit ihren alten Lehrern Karl Julius und Heinrich Gundlach getroffen. Die Schule in Menzelen gibt's seit mehr als 40 Jahren nicht mehr.

 Diese neun Ehemaligen haben sich jetzt ein halbes Jahrhundert nach der Entlassung aus der Volksschule Menzelen-West mit ihren alten Lehrer Karl Julius (hinten links) getroffen. Nicht auf dem Bild: Lehrer Heinrich Möppel Gundlach

Diese neun Ehemaligen haben sich jetzt ein halbes Jahrhundert nach der Entlassung aus der Volksschule Menzelen-West mit ihren alten Lehrer Karl Julius (hinten links) getroffen. Nicht auf dem Bild: Lehrer Heinrich Möppel Gundlach

Foto: A. Fischer

An seinen ersten Schultag hat Wilfried Böhmer (64) nur noch eine ganz schwache Erinnerung. Kein Wunder. Schließlich ist es in diesen Tagen ein halbes Jahrhundert her, dass er die Katholische Volksschule in Menzelen-West wieder verlassen hat, um sich dem schon damals stets bemühten Ernst des Lebens zuzuwenden. Doch ein Bild hat er noch immer im Kopf, so scharf, als sei's gestern gewesen. Der Junge, der mit ihm als i-Dötzchen am 25. April 1957 mit Schultüte angetreten war, um Schreiben, Lesen und Rechnen zu lernen, suchte Schutz auf dem Arm der Mama. Wer's war, verrät Wilfried Böhmer nicht. Aus Diskretion. Auch nach so langer Zeit. Jetzt traf sich der Jahrgang, der am 20. März 1965 mit der Schule abgeschlossen hatte, zum Klassentreffen im Gasthof Zum Dahlacker.

 Am 25. April 1957 sind die Kinder in Menzelen-West eingeschult worden. "Fräulein Heinz" brachte den i-Dötzchen Rechnen, Schreiben und Lesen bei.

Am 25. April 1957 sind die Kinder in Menzelen-West eingeschult worden. "Fräulein Heinz" brachte den i-Dötzchen Rechnen, Schreiben und Lesen bei.

Foto: Privat

Ein bodenständiger Jahrgang. Die meisten der 14 Ehemaligen - von denen neun beim Klassentreffen waren - sind ganz in der Nähe geblieben. Die weiteste Anreise hatte Erich Henkel aus dem westmünsterländischen Bocholt. Auch zwei Klassenlehrer von damals hatten den Weg zum Treffen gefunden, um zu sehen, was aus ihren Zöglingen von einst geworden war: Karl Julius und Heinrich Gundlach.

 Wann dieses Foto von der Volksschule in Menzelen-West (von der Bahnunterführung aus gesehen) entstanden ist, ist nicht bekannt.

Wann dieses Foto von der Volksschule in Menzelen-West (von der Bahnunterführung aus gesehen) entstanden ist, ist nicht bekannt.

Foto: Gemeindearchiv

Zunächst war's das "Fräulein Heinz", das diesem Jahrgang Menzelener Kinder auf der Schiefertafel das ABC und Einmaleins beigebracht hat. Es folgten Frau Welbers und dann erst die Klassenlehrer Julius und Gundlach. Besonders streng sei's damals nicht zugegangen, erzählt Wilfried Böhmer. Auch wenn im Laufe der achtjährigen Schulzeit manche Backpfeife ausgeteilt worden sei. Kein Aufschrei damals. Ein Pädagoge, so erzählt der Alpener, sei "Spezialist für Kopfnüsse" gewesen. Auch hier schweigt der ehemalige Schüler diskret.

 Bauakte für die Erweiterung der Schule von 1928.

Bauakte für die Erweiterung der Schule von 1928.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Ganztagsschule war in den 50er/60er Jahren noch lange kein Thema. Dafür musste der Ranzen damals noch an sechs Tagen in der Woche geschnürt werden. Nur sonntags war schulfrei. Disziplin und Ordnung waren wichtige Werte und so zweifelsfrei ein hohes Erziehungsgut wie die unumstößliche mathematische Erkenntnis, dass eins und eins zwei ergibt. "Wir mussten uns auf dem Pausenhof klassenweise in einer Reihe aufstellen, bevor wir in die Schule geführt wurden", so Böhmer. Und raus ging's erst dann, wenn der schrille Klingelton das Unterrichtsende verkündet hatte.

Im Sommer ging's bei schönem Wetter oft auf Wanderschaft ins schattige Wäldchen am Reekwall, so Böhmer. Und weil man mit allen Sinnen am nachhaltigsten lernt, hat er den säuerlichen Duft von Hagebuttentee noch immer in der Nase, der bei der Abschlussfahrt in der Jugendherberge Bilstein zum Abendbrot in Stahlkannen auf den Tischen stand. "War nicht so lecker", so Böhmer. Er teilt die Abneigung mit Generationen junger Leuten, die mal in einer Jugendherberge übernachtet haben.

Unvergessen: Viele Schüler der 8. Klasse nutzten samstags die Chance, in der letzten Stunde vom Unterricht befreit zu werden. In den Genuss kamen diejenigen, die sich freiwillig dafür meldeten, rund um das Ehrenmal an der Schule sauber zu machen. Das Denkmal wurde 1962 aufgestellt, im selben Jahr beschlossen die Eltern die Schule, die aufgrund stetig steigender Schülerzahlen erweitert worden war, auf den Namen St. Michael zu taufen.

Die Landesregierung krempelte 1968 die Schullandschaft radikal um. Die Volksschule wurde abgeschafft. Es kam die Grundschule. Nach den Sommerferien '74 wurde der Schulbetrieb in Menzelen-West eingestellt - 70 Jahre nach Gründung. Lehrer Karl Julius vermutet in der Chronik Menzelenerheide als Gründungsjahr 1904. Den Beleg hat Ursula Hüsch vom Gemeindearchiv jetzt in einer Festschrift entdeckt. Am 16. Februar 1904 hat der Rat beschlossen, an der neuen Schule zum 1. April einen Lehrer anzustellen.

Ab 1974 mussten die Kinder von Menzelen-West zur Wilhelm-Koppers-Grundschule nach Menzelen-Ost. 1999 wurde das alte Schulhaus abgerissen, das später mal Altentagesstätte war und von Vereinen als Versammlungs- und Übungsstätte genutzt worden ist.

(RP)
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