Alpen Kleine Parteien: Gelassenheit in Rathäusern

Alpen · Bürgermeister reagieren unaufgeregt auf die Aufhebung der 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen.

"Locker bleiben" - Thomas Ahls, Alpens Bürgermeister, macht aus seiner Enttäuschung darüber, dass das Verfassungsgericht die 2,5-Prozent-Sperrklausel bei Kommunalwahlen gekippt hat, keinen Hehl. Das Urteil bringt ihn aber nicht aus der Ruhe. Auch andere Bürgermeister reagieren auf das Urteil, das jetzt die Klausel als nicht verfassungskonform erklärt hat, eher gelassen. Das ergab eine Umfrage in den Rat- und Gemeindehäusern.

Ahls zum Beispiel verweist darauf, dass kleinere Parteien zumindest einen wesentlichen Teil der Wahlkreise mit Kandidaten besetzen müssten, um überhaupt wählbar zu sein. Daraus ergebe sich eine automatische Sperrklausel von etwa drei Prozent. "Darum sollte man das Thema nicht dramatisieren und erst einmal abwarten."

Allerdings glaubt er nicht, dass der Wegfall der Hürde durch "missbräuchlich ausgenutzte Rederechte zu unerträglich langen Ratssitzungen" führe. "Es kommt sicher darauf an, über welche Gruppierung wir reden." Verantwortungsvoll arbeitende Kleinst-Vereinigungen könnten ein Gewinn sein, populistisch arbeitende hingegen könnten jede Ratssitzung sprengen.

Und jetzt? "Der Landtag sollte die Erfahrungen der Kommunen mit Splittergruppierungen erfassen, bewerten und gegebenenfalls eine neue Gesetzesinitiative mit einer fundierten Begründung initiieren", meint Ahls. Der Mangel habe ja in der nicht ausreichenden Begründung der Auswirkungen auf die Arbeit in den Räten gelegen.

Auch Rheinbergs Bürgermeister Frank Tatzel mahnt zur Ruhe. Als positiv bewertet er, dass jede Wählerstimme für die Besetzung der Räte berücksichtigt werde. So spiegele sich der Wille der Wähler vollständig wider. Es sei wichtig, dass sich alle Bevölkerungsschichten mit ihren politischen Ansichten, die sich im Rahmen der Verfassung bewegten, in den Räten wiederfänden.

"Demokratie lebt von Vielfalt, dadurch bedingte Diskussionen und auch Meinungsverschiedenheiten. Ich betrachte dies nicht als Erschwernis", erklärt Tatzel. Xantens Bürgermeister Thomas Görtz bleibt ebenfalls gelassen. Seiner Meinung nach werden die Auswirkungen des Urteils erst nach der nächsten Wahl zu spüren sein. Wenn überhaupt.

Denn generell findet der Xantener Bürgermeister es gut, wenn auch kleinere Interessenvertretungen eine Stimme vor Ort haben. "Auch Splitterparteien haben kreative Köpfe in ihren Reihen", so Görtz. Einziger Wehrmuttropfen wäre, wenn dadurch radikale Gruppierungen eine Chance haben, sich im Parlament zu platzieren. In Xanten sind kleine Parteien und freie Wählergemeinschaften übrigens nichts Neues. "FDP und Linke haben zum Beispiel schon heute nur Einzelratsmitglieder", so Görtz.

Sonsbecks Bürgermeister Heiko schmidt steht dem Thema etwas reservierter gegenüber. Er hält es nicht für sinnvoll, Splitterparteien und damit auch Einzelpersonen den Zugang in die politischen Gremien zu ermöglichen. Das würde die Arbeit in den Gremien nur verkomplizieren. "Ich bin der Überzeugung, dass stabile politische Verhältnisse ein wichtiger Faktor für eine gute gemeindliche Entwicklung sind." Schmidt verweist auf die Möglichkeit der Bürger, sich mit ihren Anliegen in den Ausschüssen direkt an die Lokalpolitik oder die Verwaltung zu wenden. "Ich fände es schade, wenn die ohnehin umfangreiche Arbeit der Fraktionen, Ratsmitglieder und Sachkundigen Bürger durch den Wegfall der Sperrklausel noch ausgedehnter und zeitintensiver werden würde. Wenn man das Ehrenamt überstrapaziert, finden wir künftig immer weniger engagierte Einwohner, die diese wichtige Aufgabe übernehmen wollen", sagte Schmidt.

Durch den Wegfall der Sperrklausel kann es für die etablierten Fraktionen aber generell ungemütlicher werden. So komme es zum Beispiel schon heute vor, dass eine große Fraktion überstimmt werde und ihre Vorstellungen nicht durchbringe, so Rheinbergs Bürgermeister Tatzel. "Dies dürfte bei kleineren Gruppierungen noch häufiger vorkommen. Der für kommunale Entscheidungsprozesse eintretende Effekt bleibt abzuwarten."

(kump)
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