Rheinberg Kein Grund zur Panik im Schwarzen Adler

Rheinberg · Ob Verspätungen im Bahnverkehr, zuviel Phosphat im Döner oder schlicht das Wetter: Der Deutsche meckert gerne über alles und jeden. Das muss nicht sein, meint Kabarettist Lutz von Rosenberg Lipinsky, der am Sonntag mit seinem aktuellen Soloprogramm "Wir werden alle sterben - Panik für Anfänger" erstmals zu Gast im Schwarzen Adler war.

Als privat eher wortkarger Hamburger, der sein Leben "mit einer schönen Frau und einem treuen Hund" teilt, fühlte er sich in Rheinberg wie im Paradies. Wort- und gestengewaltig erklärte von Rosenberg Lipinsky die Eigenarten seiner Landsleute: "Der Deutsche meckert schon, wenn er aufwacht. Warum? Weil er aufgewacht ist.

Die Griechen sind da anders. Sie haben vor vier Jahren vom nahenden Weltuntergang gehört und feiern seitdem durch." Messerscharf analysiert der 52-jährige, der sich selbst als "Deutschlands lustigster Seelsorger" bezeichnet, die Unterschiede zwischen Hysterie, Panik und Angst.

Als liebstes Beispiel dienen ihm dazu die Menschen in den neuen Bundesländern. "In Mecklenburg-Vorpommern kam die AfD bei der letzten Wahl auf 24 Prozent, obwohl dort gar keine Muslime leben. Da ist im 13. Jahrhundert mal einer durchgeritten, da haben die Leute heute noch Angst vor." Angst vor der Pegida-Bewegung müsse auch niemand haben, schließlich handele es sich dabei ausschließlich um alte Männer, die aufgrund ihrer Schmerzen im Genitalbereich nicht schlafen können und deshalb nachts im Kreis laufen. "Eigentlich könnte man sie auch Prostagida nennen", meint der Entertainer. Keine Panik sei auch angesichts der schier endlos verlaufenden Sondierungsgespräche in Berlin angeraten. "Ich finde es richtig cool, dass wir keine Regierung haben, das ist doch die Einladung zur Anarchie. Ich habe mich gleich mal auf der Hinfahrt ohne Karte in die erste Klasse gesetzt."

Martin Schulz rät der preisgekrönte Wortakrobat bei dieser Gelegenheit dringend zur großen Koalition: "Von Andrea Nahles gäbe es täglich Prügel, da würde er sich ganz schnell nach Mutti zurücksehnen." Was die schulischen Standards der Jugend ("die reden nicht mehr, die whatsappen") betrifft, hat der Vater eines pubertierenden Jungen seine ganz speziellen Erfahrungen gemacht: "Wenn sie heute ein Gymnasium betreten, treffen sie Subjekt, Prädikat und Objekt nicht mehr im selben Raum an." Dennoch fühlen sich immer mehr Kinder in unserem Land ausgebrannt. "Burnout ist das neue Sportabzeichen. Wer das mit zwölf noch nicht hat, ist raus." Ein Grund dafür sei die immer hektischer werdende Welt des Internets. Allem voran die sozialen Netzwerke mit ihren vermeintlichen Topnachrichten: "Völlig egal, ob die richtig oder falsch sind: Erstmal wird sich aufgeregt."

Davon waren die rund 80 Gäste im Adler weit entfernt. Im Gegenteil: Der Schlussapplaus machte deutlich, dass sich das Publikum bestens unterhalten fühlte.

(RP)
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