Rheinberg "Hömma" - niederrheinisch durchdekliniert
Rheinberg · Der Duisburger Kabarettist Kai Magnus Sting trat zweimal im ausverkauften Schwarzen Adler auf.
Kai Magnus Sting wohnt in Duisburg-Neudorf, und wenn er das Haus verlässt, denkt er ganz oft: "Boah, is dat schäbbich hier." Und er wundert sich darüber, wie die Leute im Pott und am Niederrhein reden. Dass sie auf überflüssige Fragen noch überflüssigere Antworten geben, die nicht einmal zu den Fragen passen. So ist das nun einmal tief im Westen: "Sagen Sie mal jemandem, dass Sie aus Duisburg oder vom Niederrhein kommen, dann zucken die Leute nur mit den Schultern und können nix damit anfangen."
Recht hat er, dieser brillante Komödiant, der aussieht wie ein Studienrat alter Schule. Seitenscheitel, Brille, Anzug, Hemd, Krawatte. Ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Aber voll auf Sendung, wenn es darum geht, das Wesen der Niederrheiner zu analysieren. Seit 20 Jahren nun stellt er sich mit seinen Betrachtungen auf die Kleinkunst-Bühnen. Am Wochenende zwei Mal im Schwarzen Adler, wo der Saal beide Male ausverkauft war und wo sich das Publikum an beiden Abenden scheckig gelacht hat. "Hömma, weiß Bescheid!", heißt das Programm des 38-Jährigen.
Bei Herrn Sting, der wirklich so heißt, ist jeder Versuch, sich seine Pointen, Erklärungen oder verbalen Ausschmückungen zu merken, zum Scheitern verurteilt. Weil der Mann einfach zu schnell ist. Er quasselt wie ein Wasserfall, redet sich in Rage, regt sich auf. Und macht in jedem Satz deutlich, dass er die Menschen in der Region, ihr Wesen und ihre Art zu sprechen liebt. Schließlich ist er ja auch "einer von wir".
Sting quatscht einfach drauf los, kommt schnell mit dem Publikum ins Gespräch. Plaudert mit einem Herrn aus Essen-Frintrop, der eigentlich aus Dülmen kommt und nur auf der Durchreise ist - "Wo will man hin, wenn man hier auf der Durchreise ist?". Oder palavert mit einem 18-jährigen Orsoyer über Kafka und das Für und Wider eines Studiums bei der Bundeswehr. Man fragt sich, wann das Programm denn endlich beginnt, dabei ist es schon im vollen Gange.
Vor allem hat er es mit der Sprache. Er nimmt Redewendungen auseinander. Warum sagen Menschen Sätze wie "Ich hab' lieber die trockene Kälte als dat Nasskalte", klärt über die medizinischen Zustände "Krisse", "Malesse" und "Gemüt" auf und dekliniert die Vokabel "Hömma" nach allen Regeln der Kunst durch. Auch seine "ständige Begleiterin" kriegt ihr Fett ab. Die mache keine großen Worte, sondern könne ihn schweigend anbrüllen, erzählt er.
Ob nächtlich-nachbarschaftlicher Nudelsalat-Rezept-Austausch oder der ungewollte Einkauf von Rhabarberkuchen - bei all dem, was der Kabarettist im Adler zwei Stunden lang auf wunderbare Art und Weise erzählt, fällt man vor Lachen fast vom Stuhl. Und denkt noch auf dem Nachhauseweg an die Omma (mit Doppel-M) von Kai Magnus Sting, die den Abend sicher mit einem einzigen Wort auf den Punkt gebracht hätte. "Sisse!"