Rheinberg Flüchtlinge beklagen Ungleichbehandlung

Rheinberg · Toni Führen und Gertrud Stegmans kümmern sich in Rheinberg ehrenamtlich um Asylsuchende. Sie werfen der Stadt vor, zu wenig für Afghanen zu tut. Die Unterbringung am Melkweg sei zumutbar, hält Beigeordnete Kaltenbach dagegen.

 Gertrud Stegmans und Jahanzib, der schon recht gut schreiben kann, dahinter (von links) Qurban Ali, Toni Führen und Nayeb Ali.

Gertrud Stegmans und Jahanzib, der schon recht gut schreiben kann, dahinter (von links) Qurban Ali, Toni Führen und Nayeb Ali.

Foto: Armin Fischer

Toni Führen und Gertrud Stegmans kümmern sich in Rheinberg ehrenamtlich um Asylsuchende, verstärkt aus Syrien und Afghanistan. Sie organisieren den Alltag, den Besuch von Deutschkursen zum Teil in umliegenden Kommunen, begleiten sie bei ihrem Bemühen um Integration. Einer der Afghanen macht derzeit auf Vermittlung ein landwirtschaftliches Praktikum auf dem Xantener Arche-Hof Gamerschlagshof. Nicht von ungefähr wird die pensionierte Deutschlehrerin "Mama Gertrud" genannt.

Dennoch, so ganz stimmig ist für sie die Vorgehensweise der Stadt Rheinberg mit Asylsuchenden nicht. "Wir erleben, dass Syrer, Iraner und Iraker schneller aus dem Flüchtlingslagern raus sind. Afghanen fallen meiner Meinung nach durch das Raster und scheinen sich in einer Art Vakuum zu befinden", sagt sie. "Wir haben den Eindruck, dass die Vorgehensweise in Rheinberg System hat. In anderen Kommunen ist der Umgang mit Afghanen engagierter."

Konkret geht es ihr um zwei Afghanen, um Onkel und Neffe, Nayeb Ali und Qurban Ali. Um Wohnungsmöglichkeiten in der Reichel-Siedlung hat sich die Ehrenamtliche gekümmert, einem Umzug stünde nichts im Wege. Im Vorfeld hatte es bei drei anderen Afghanen schon geklappt, danach lief nichts mehr. "Es scheint, dass die Stadt nicht will, dass die Flüchtlinge eine Wohnung beziehen. In diesem Fall ist es sogar Familie", ergänzt Toni Führen. Die Unterbringung sei, so auch die anwaltliche Auskunft, Ermessenslage einer Stadt. Für Nayeb Ali und Qurba Ali gerät die Situation am Melkweg etwas außer Kontrolle. Von Hänseleien und Streiterinnen ist die Rede, die Afghanen fühlen sich nicht wohl. "Sie sind seit acht Monaten in Rheinberg und haben das Gefühl, es bewegt sich nichts. Im Gegenteil. Sie fühlen sich im Feuer und ausgegrenzt", sagt die Orsoyerin. "Sie wollen einfach wissen, woran sie sind, zumal die jungen Männer nicht aus den Maghreb-Staaten kommen. Sie haben eine Bleibeperspektive. Wir sehen darin eine Ungleichbehandlung und wünschen uns mehr Transparenz." Gerade NRW sei das Land, das eine individuelle Bleibeperspektive prüfe.

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Mit zu den ersten Wegen, die die Ehrenamtlichen zur Klärung eingeschlagen haben, ist die Nachfrage bei der Stadtverwaltung, bei der zuständigen Dezernentin Rosemarie Kaltenbach. Anders als noch vor Monaten sei die Situation in den Unterkünften verändert, sei entspannt. "Damals war in den Gemeinschaftsunterkünften der Platz sehr beengt, so dass wir vor allem Familien schnell in Wohnungen untergebracht haben, um die Lage zu entzerren. Die Unterbringung am Melkweg ist aber heute zumutbar und bietet eine deutlich bessere Wohnsituation. Platz ist genug, weil wir auch keine Zuweisungen mehr bekommen haben. Wir haben für die beiden Afghanen entschieden, dass sie am Melkweg bleiben", sagt die Beigeordnete auch mit Blick auf die städtischen Finanzen. "Wir müssen für jede Unterbringung zahlen." Das Asylverfahren hingegen liege nicht bei der Stadt. Kaltenbach: "Dafür sind wir nicht zuständig." Inwieweit die jungen Afghanen bleiben können, werde an anderer Stelle entschieden. "Wir warten das Verfahren ab. Sobald die Anerkennung vorliegt, können wir handeln."

(RP)
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