Alpen Dumm gelaufen für den dreisten Dieb

Alpen · Nachbarn am Heideweg auf der Bönninghardt lenkten den Einbrecher in die Falle und übergaben ihn der Polizei.

Showdown auf dem Heideweg in der Bönninghardt. Was sich da am Dienstagmorgen binnen weniger Minuten in ländlicher Abgeschiedenheit zugetragen hat, ist absolut filmreif und liefert - ohne Schnitt - Stoff für ein Drehbuch eines actionreichens Krimi. Titel: "Hellwache Nachbarn halten den Dieb". Der sitzt - wie gestern bereits in der RP kurz gemeldet - inzwischen in U-Haft und wartet dort auf seine Verhandlung vor Gericht. Friedhofsgärtner André Koppers erzählte der RP gestern die ganze Geschichte, die weite Kreise und offenbar einen vorläufigen Schlussstrich zieht unter eine ganze Serie von ähnlichen Einbruch-Diebstählen auf dem niederrheinischen Land zwischen Issum und Dingden.

Es ist 9.30 Uhr. Thea Koppers (74) hat die Tür des Wohnhauses der Friedhofsgärtnerei am Heideweg 1 weit geöffnet. Es ist nach den Hitzetagen erstmals wieder frisch draußen, und sie möchte mal ordentlich durchlüften. Die Witwe, ihr Mann Erwin ist erst vor gut drei Wochen gestorben, sitzt in der Küche und schält Kartoffeln fürs Mittagessen.

Dann hört sie, wie jemand die Treppe hochgeht, ungewöhlich schleichend. Noch noch schöpft sie keinen Verdacht. Ihr Sohn Johannes hat oben ein Zimmer. Ihre Sinne aber sind geschärft. Sie lauscht und bekommt mit, dass jemand im Schlafzimmer Schubladen zieht. Sie geht sie nach oben. "Das Schlafzimmer war für uns Kinder immer absolute Tabuzone", berichtet Sohn André Koppers. Und es gab eine eherne Regel im Haus: "Keiner geht an Opas Portemonnaie!"

An die hat sich der fremde Eindringling nicht gehalten. Als er ertappt wird, stürzt er vorbei an der alten Frau, rempelt sie und schubst sie beinahne die Treppe hinunter. Sie schreit um Hilfe. Blaue Flecken, eine geschwollene Hand und ein Schock bleiben zurück.

Der Dieb steigt in einen weißen, sportlichen Nissan Juke mit DU-Kennzeichen, den er fluchtbereit auf dem Kiesbett der Einfahrt von Nachbar Jürgen Thöne geparkt hat. Er braust mit durchdrehenden Rädern davon. In dem Moment kommt dem Räuber auf dem schmalen Sträßchen André Koppers im Mercedes-Sprinter entgegen. Kein Vorbeikommen. Tochter Claudia Schneiders und Nachbarin Christa Thöne sind der alten Frau zur Hilfe geeilt, signalisieren mit fuchtelnden Armen, dass hier etwas nicht stimmt.

Dre Nissan wendet, braust in Gegenrichtung davon. André Koppers weiß, dass der Mann in der Falle sitzt. Einbahnstraße. Nach 200 Metern stehen Poller. Nur wer sich auskennt, flutscht durch. Die Dieb muss erneut wenden. Unterdessen ist Jürgen Thöne in den Film eingestiegen. Er hat beim Frühstück auf der Terrasse vom Spekt akel mitbekommen und zunächst geglaubt, die "Haltet ihn"-Rufe würden seinem Schäferhundmix Balu gelten, der mal wieder ausgebüxt sei. Während sich eine 78-jährige Nachbarin, die gerade den Weg hochläuft, nur mit einem beherzten Sprung ins Maisfeld vor dem Fluchtauto retten kann, fährt Thöne seinen schwarzen Ford-Kombi rückwarts quer auf den Heideweg. Er steigt aus. Die Falle schnappt zu. Unterdessen sind drei polnische Bauarbeiter, Männer wie Kleiderschränke, die für Johannes Koppers Abbruch-Häuser entkernen und zufällig in der Nähe sind, herbeigeeilt. Das Trio ist nicht zimperlich, holt die Dieb hinterm Lenkrad hervor, legt ihn bäuchlings auf den kurz geschorenen Rasen am Fahrbahnrand. Der "winselt reumütig", setzt auf Mitgefühl, hofft, dass die Männer ihn gehen lassen. Die kennen keine Gnade, sind wütend: "Wenn der durchgekommen wäre, ich wär' hinterher und hätte nicht davor zurückgeschreckt, ihm in die Karre zu fahren, um ihn zu stoppen", so André Koppers.

Wenige Minuten später treffen zwei Streifenwagen ein. Handschellen klicken. Der Mann von der Spurensicherung entdeckt zwischen Mittelkonsole und Beifahrersitz das Bündel mit Scheinen, die der 36-jährige Duisburger aus Opas Portemonnaie genommen hatte.

Bei der Vernehmung stellt sich raus, dass den Heideweg-Nachbarn ein dicker Fisch ins Netz gegangen ist. Der Mann hatte, wie die Polizei bestätigte, in der Vergangenheit bei diversen Gärtnereien und Bauernläden in der Region zugelangt. Er sollte sich am Tattag vorm Amtsgericht Rheinberg für einen Diebstahl in einer Gärtnerei in Veen verantworten. Die Verhandlung musste vertagt werden. Der Angeklagte war verhindert. Dumm gelaufen.

Am Schauplatz ist der Alltag wieder eingekehrt. "Mutter hat gut geschlafen", sagt der Gärtnermeister. Der Flachs blüht. Nachbar Karl Bröcheler feixt: "Auf der Bönnighardt gilt seit jeher: Datt mak weij eiges." Ein schöner Schlusssatz. Ende.

(RP)
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