Alpen Die Zahl der Füchse ist stark gestiegen

Alpen · Es werden wieder mehr Füchse am Niederrhein beobachtet. Geflügelhalter und Jäger sind besorgt.

 Der Fuchs ist ein Überlebenskünstler und äußerst anpassungsfähig.

Der Fuchs ist ein Überlebenskünstler und äußerst anpassungsfähig.

Foto: Pixabay

Er ertappte den Gänsedieb auf frischer Tat: "Es war so gegen 21.30 Uhr. Wir saßen noch auf der Terrasse", erzählt Dieter Stiers aus Alpen. "Plötzlich wurden die Gänse ganz still." Kein gutes Zeichen. Denn bei Gefahr ziehen sich die Herdentiere zusammen und geben keinen Laut von sich. Dieter Stiers sprang auf, rannte ums Haus. "Ein Fuchs", schoss es ihm durch den Kopf. Und tatsächlich saß das Tier bereits mitten im Gehege. Da half nur eins: Laut schreien und gestikulieren. Der Fuchs suchte tatsächlich das Weite - über eine Querstange des Zauns.

 Dieter Stiers hat schon mehr als 40 Gänse und Enten an den Fuchs verloren. Er hat die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

Dieter Stiers hat schon mehr als 40 Gänse und Enten an den Fuchs verloren. Er hat die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.

Foto: Armin Fischer (Archiv)

So glimpflich ging es auf den Weiden des Alpener Gänsehalters in diesem Jahr bei weitem nicht immer aus. 40 Tiere hat der 58-Jährige bereits verloren. "Im Frühjahr konnte ich sie noch ersetzen, jetzt geht das nicht mehr", klagt Stiers, der in diesem Jahr von einer besonders starken Fuchs-Population berichtet.

2016 und 2015 hätte es mal zwei, drei Tiere erwischt. Jetzt aber habe die Fähe, wie der Waidmann die Füchsin bezeichnet, mit ihren drei Welpen, die er beobachtet hat, ganz besonders schlimm zugeschlagen. "Wenn die kleinen Füchse die Jagd lernen, dann beißen sie nicht wie die Alten den Beutetieren sofort den Kopf ab, sondern richten bei dem Versuch schon mal ein richtiges Blutbad an unter den Gänsen", erklärt der Alpener. Selbst wenn die Tiere das überleben würden, seien sie so verstört, dass sie getötet werden müssten. Auch die Hühner der Nachbarn hätten bereits unliebsame Bekanntschaft mit dem Rotfuchs gemacht.

In Wallach hat der Fuchs sich die Laufenten geholt. Meister Reineke ließ einzig ein Büschel von seinem Fell am Zaun zurück, wie Josef Mölders erzählte (RP berichtete), um vor der rötlichen Gefahr zu warnen. Auch Jäger Alfred Nimphius spricht von mehr Füchsen am Niederrhein. "Das lässt sich an der Zahl der erlegten Füchse belegen", sagt Nimphius, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel. "2014 waren es noch 1440, im vergangenen Jahr schon 1800 Füchse." Eine Fuchsplage sei das aber noch lange nicht.

Werner Schulte, Leiter des Weseler Hegerings, wiederum beklagt die verschärften Gesetze für die Jagd, die zu einer Ausbreitung der Füchse geführt hätten. "Den Jägern wurde viel Eigenverantwortung abgenommen", sagt Schulte, "aber das wird sich unter der neuen Landesregierung hoffentlich wieder ändern." Schließlich, so Schulte, seien Füchse nicht nur eine Gefahr für Hühner, Gänse und Enten, sondern auch für heimisches Niederwild wie Fasane, Hasen oder Rebhühner.

Das 2015 erlassene Jagdgesetz soll in der Tat überarbeitet werden, wie das Umweltministerium auf Anfrage mitteilt. Gleichzeitig seien im vergangenen Jagdjahr so viele Füchse erlegt worden wie lange nicht, sagt eine Sprecherin - und das trotz verschärfter Gesetzeslage. Dem Ministerium zufolge sind Füchse in NRW flächendeckend verbreitet. "Die Population ist auf einem sehr hohen Stand", so der Amtssprech.

Das bestätigt auch Michael Herbrecht vom Regionalforstamt Niederrhein. "Der Fuchs ist überall, auch in der Stadt", sagt er, "aber das ist auch in Ordnung so." Schließlich sei es eine Freude, Füchse zu beobachten, und die größere Gefahr für das Niederwild sei die moderne intensive Landwirtschaft, die Nistplätze, Lebensraum und Futter vernichte. "Außerdem tun Füchse auch etwas Gutes: Sie fressen kranke Tiere und sind damit eine Art tierische Gesundheitspolizei", sagt Herbrecht. Dafür, dass momentan so viele Füchse zu sehen sind, hat er indes eine natürliche Erklärung. "Die Tollwut ist ausgerottet, und der Fuchs hat kaum noch Feinde", so der Förster: "Außerdem müssen die Jungfüchse momentan die Mutter verlassen und neue Reviere erschließen, wodurch es zu deutlich mehr Fuchsbewegung kommt."

Der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) im Kreis Wesel, Peter Malzbender, hat aber noch eine weitere Erklärung für die hohe Zahl der Füchse. "Das liegt auch am Klima. Denn wenn es schon im Frühjahr mild ist, gibt es mehr Futter für die Füchse, und mehr Welpen überleben." Zudem sei der Fuchs ein Überlebenskünstler und sehr intelligent. "Die wissen, wo sie Futter holen können und wie sie ihre Welpen großziehen", so Nabu-Mann Malzbender. Und: "Man sollte den Fuchs nicht verteufeln", sagt er, "die Geflügelzüchter müssen die richtigen Vorsichtsmaßnahmen treffen."

Ist bei Dieter Stiers längst geschehen. Über die Balken kommt kein Fuchs mehr zu den verbliebenen 180 Gänsen und Enten. Aber Füchse, so Stiers, seien richtig schlau. Die würden auch schon mal ein Loch unten durch graben. Allerdings: "Der Raps ist ab, der Roggen jetzt auch, da sitzen sie noch im Mais. Bald haben die scheuen Tiere auf den Feldern direkt um die Häuser keine Deckung mehr." Dann sei die größte Gefahr gebannt. Vorerst.

(RP)
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