Rheinberg Die Selbstüberschätzung stapelt hoch

Rheinberg · Ich-Bezogenheit war Thema des ökumenischen Pfingstgottesdienstes. Wetterbedingt wurde er in die Kirche verlegt.

 Mit aufeinandergestapelten Kartons wurde symbolisch die Selbstüberschätzung des Menschen dargestellt. Ein wackeliger Turm, der beim kleinsten Stoß umkippt.

Mit aufeinandergestapelten Kartons wurde symbolisch die Selbstüberschätzung des Menschen dargestellt. Ein wackeliger Turm, der beim kleinsten Stoß umkippt.

Foto: Gabriele Kremers

Selbst wenn die Bühne bereits aufgebaut war, wurden am Montagmorgen nicht die Stühle auf dem Marktplatz aufgeklappt. Dunkle Wolken schienen mit Regen zu drohen. Bei diesem Wetter wurde der Pfingstgottesdienst in der Kirche St. Kirche gefeiert - zum zweiten Mal in der achtjährigen Geschichte dieses ökumenischen Festes.

Apropos Dunkelheit: Der Mensch solle diese zu Pfingsten durch Gottes Geist überwinden, war die Botschaft, die durch Werner Koschinski, den katholischen Pastoralreferent aus Annaberg, und Uwe Klein, den evangelischen Pfarrer aus Orsoy, verkündet wurde. Für sie war das Dunkle vor allem durch die menschliche Selbstüberschätzung verursacht. Sie fanden im Dialog mit den 450 Gottesdienstbesuchern Ungeister heraus, die Ausdruck diese Selbstüberschätzung sind, beispielsweise Geldgier, Machtbesessenheit, Hass, Neid, Narzissmus, Ich-Bezogenheit oder das "Leben auf Kosten der anderen".

Diesen Ungeistern ordnete Werner Koschinski Umzugskartons zu, die er aufeinander stapelte. Passend dazu trug Uwe Klein die Geschichte vom Turmbau zu Babel aus dem Alten Testament vor, des Turmes, der alle andere übertreffen sollte, aber dann Anlass für die "babylonische Sprachverwirrung" wurde. "Der Turm ist ziemlich wackelig", sagte er mit Blick auf das Bauwerk aus Umzugskartons. "Gott macht der menschlichen Selbstüberschätzung einen Strich durch die Rechnung." Kurz darauf stürzte der Kartonturm tatsächlich in sich zusammen.

Auf diesem Chaos bauten die beiden Geistlichen auf, denen noch Pater Lal Devassya zur Seite stand. In einem Dialog stellten sie sich gegenseitig Fragen und gaben sich Antworten. Gott habe dem Menschen viel geschenkt, vor allem das Geheimnis der Liebe. Außerdem habe Gott seinen Geist weiter gegeben, den die Menschen auch in sich wehen lassen sollten, jeder für sich persönlich. "Dieser Geist Gottes wirkt umwerfend und revolutionär", sagte Uwe Klein. "Wie Jesus durchkreuzt er den menschlichen Übermut, die Selbstüberschätzung. Er bringt Menschen zum Nachdenken." Er machte auf einige Ungerechtigkeiten in der Welt aufmerksam, zum Beispiel das "Hochziehen von Zäunen" um die Europäische Union. So würden Flüchtlinge versuchen über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, wobei sie buchstäblich ertrinken würden. Werner Koschinski sprach die Naturkatastrophen an, beispielsweise die Erdbeben in Nepal im Himalaya. Das Geld der Kollekte soll den dortigen Opfern zufließen.

Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst von einem ökumenischen Chor und einem evangelischen Posaunenchor mit Spielern aus ganz Rheinberg. Kindergartenkinder hatten zum Pfingstgottesdienst Bilder gemalt. Nach der Feier konnten die Besucher bei einer Tasse Kaffee ihre Gedanken austauschen.

(RP)
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