Rheinberg Die ganze Welt aus Frauensicht

Rheinberg · Das Duo "Thekentratsch" gastierte in der Rheinberger Stadthalle.

 Spät dran: Heike Becker und Kerstin Saddeler-Sierp.

Spät dran: Heike Becker und Kerstin Saddeler-Sierp.

Foto: Thekentratsch

Sie kommen mit einer anständigen Portion Ruhrpottcharme daher, und das "immer auf den letzten Drücker": Gäbe es eine Meisterschaft der Missverständnisse, das Duo "Thekentratsch" alias Heike Becker und Kerstin Saddeler-Sierp würde auf Platz eins landen. Immer. Auch bei ihrem Auftritt in der Stadthalle sorgten die so unterschiedlichen Damen mit ihrem Klamauk für Spaß und Stimmung bei den rund 350 Zuschauern, wobei der Frauenanteil deutlich über der Männerquote lag.

Frau Sierp, diszipliniert, anständig mit Rock und Bluse in gedeckten Erdtönen, Lehrerin seit 25 Jahren, gewählte Ausdrucksweise - neben ihr "die Becker", die "Dotterblume des Kohlenpotts: weiß-schwarze Plüschweste über dem quittegelben Oberteil, Minirock, schwarze Netzstrumpfhose, gelbe Schnürstiefel, blond und wenig anspruchsvoll in ihrer Wortwahl. Kodderschnauze würde es wohl treffen. "Hormonell gesteuert" sei die Becker, lästert Frau Sierp gleich zu Beginn; "quatsch, ich bin rollig", bringt es "die Becker" auf den Punkt.

Dass die beiden Freundinnen sind, mag man kaum glauben angesichts der Wortgefechte, die sie sich liefern: Haben sie gerade eben noch die gleiche Sicht auf alltägliche Dinge, lassen sie im nächsten Moment kein gutes Haar an der anderen, machen sie sich gegenseitig nieder, sticheln sie herum. Einig sind sie sich nur, wenn Frau Sierp zur Gitarre greift und Heike Becker mit großartigem Timbre einstimmt in den Schlagabtausch über Patchworker, Nordic-Walker ("grauenvoll: Gehen an Krückstöcken"), Stepper im Keller, Ehepaare auf Radtour (er vorneweg, sie auf dem Hollandrad mit Packtaschen hinterher.

Handfest und unpolitisch analysiert das Duo die Welt aus Frauen-Sicht, bedient Klischees, ist sich einig in der Bewertung alltäglicher Kleinigkeiten. Thekentratsch halt, bisweilen auch Stammtischparolen, aber irgendwie herzerfrischend. Großartig: Das Liebeslied, das Frau Sierp vor 35 Jahren für Gerd ("den Vollpfosten") geschrieben hat, der zufällig im Publikum sitzt. Und der Hasskappenblues, der "Samstagmorgenmamaruftschonwiederan-Blues". Auf nette musikalische Weise verabschieden sich die beiden vom Publikum: "Es sind oft nur die Kleinigkeiten die im Leben manchmal stören. Watte nich gebrauchen kannst, gibbet lieber weg. Behalte nur das, was dich wirklich glücklich macht". Wie recht sie doch haben!

(jas)
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