Alpen Die Datenautobahn schweißt zusammen

Alpen · Ein Modell macht Schule: Nach Loikumer Muster hat die Brüner Unterbauerschaft einen Kabelpflug gebaut. Anwohner helfen mit, um einen Glasfaseranschluss zu bekommen. Auch Alpen hat schon einen erfolgreichen Testlauf absolviert.

Der ländliche Außenbereich liegt fernab der Datenautobahn. Für Netzbetreiber lässt es sich rechnerisch kaum darstellen, verstreut liegende Hofstellen zu vertretbaren Konditionen ans schnelle Netz anzubinden. So setzt Alpen im Schulterschluss mit Nachbarkommunen nun auf ein Bund-Länder-Förderprogramm, um Breitband flächendeckend hinzukriegen. Unabhängig davon hat auf der Bönninghardt ein Testlauf für Eigeninitiative beim Glasfaserkabelbau stattgefunden. Landwirt Christian Keisers aus Veen hat mit seiner Spezialkonstruktion hinterm Schlepper ein Leerrohr in den Boden gebracht, durch das später das dünne Hochleistungskabel nur noch durchgeblasen werden muss. "Ein viel versprechender Test, aber wir müssen jetzt erst den Ausgang des Förderantrages abwarten", sagt Bürgermeister Thomas Ahls.

Unterdessen ist in der Brüner Unterbauerschaft die Selbsthilfe angelaufen. Generalstabsmäßig sind Helfer im Einsatz, um den ländlichen Außenbereich zwischen Hamminkeln und Brünen mit Glasfaserleitungen zu bestücken. Spülbohrung unter der Großen Ley, Einsatz des Kabelpflugs bis zum Hauptverteiler und dann immer weiter. Verstreut liegende Höfe, Häuser und Firmengebäude - Elektro Eimers und Hotel/Restaurant Hasenhein - werden bald superschnelle Auffahrten zur Datenautobahn haben.

Hier im Außenbereich weiß man sich zu helfen. Und man hat Fachleute dabei, die wissen, wie man eine solche Aktion managt. Bernd Mölls-Hüfing zum Beispiel. Er koordiniert den Einsatz von Maschine und Mensch. Wissen und Material stammt aus der direkten Umgebung. Der Kabelpflug wurde gebaut nach den Erkenntnissen der Landwirte aus Loikum, die vor Jahren als Pioniere unter dem Arbeitstitel "Fiber to the Landlords" vorgemacht haben, wie stark vereinte Selbsthilfekräfte machen.

"Ein tolles Gefühl, wenn man hautnah erlebt, dass die Nachbarschaft mit dem Projekt zusammenwächst", sagt Anwohner Christian Quik. Wer viel arbeitet, muss auch gut versorgt werden. Waltraud Heiligenpahl hat aufgetischt. "Ich finde es toll, bald das schnelle Netz zu haben. Noch dauert es ewig, wenn wir online sind", berichtet sie. Es hat was von Picknick, wenn der Trupp e im Schatten der Linde an der improvisierten Tafel pausiert.

Die Aufgabe eint. Sobald ein Nachbar oder der Verein anfängt zu buddeln, kommen andere Nachbarn und Vereinsmitglieder mit der Schüppe dazu oder lassen sich erklären, wie das Verlegen der Leerrohre funktioniert, in die später Betreiber Innogy die Glasfaserleitung einbläst. So war es auch schon am ersten Abschnitt. Hier entwickelte sich eine ebenso tatkräftige wie gesellige Runde am und im offenen Graben oder am Kabelpflug. Klingt gut, ist aber auch anstrengend und zeitgetaktet. Zunächst wird vom Interessen-Verein die Hauptlinie - das "dicke Kabel" MD24 - gezogen. Erst nach erfolgter Druckprüfung des Strangs können die Hausanschlüsse hergestellt werden. Drei nötige Spülbohrungen laufen.

Die Hauptlinie nördlich der L 480 liegt schon in etwas über einem Meter Tiefe. Diese 1,4 von insgesamt 17 Kilometern Netz sind binnen weniger Stunden eingepflügt worden. Inzwischen ist die technisch nötige Einmessung erfolgt. "Ein wahnsinniger Aufwand, logistisch, von den Berechnungen her und der Einsatzkoordination", sagt der Bauleiter Mölls-Hüfing. "Von den vergangenen 72 Stunden habe ich gerade einmal zehn geschlafen", erzählt er und zeigt stolz den 300 PS starken Schlepper, der den Pflug zieht. Übrigens im Doppel mit einem weiteren 300-PS-Giganten. Nicht, weil die Kraft eines Schleppers nicht reicht, sondern weil erst beide das nötige Gewicht mitbringen, um Tempo machen zu können.

Einer, der sich auskennt, ist Hubert Tenbusch, Mit-Erfinder des Kabelpflugs von Loikum. Er ist begeistert. "Wir haben schon viel gesehen, aber so eine perfekte Bauvorbereitung und Ausführung gab es noch nie." Der nach Loikumer Muster für die Unterbauerschaft gebaute Pflug geht ins sandige Erdreich wie durch Butter. Das Leerrohr wird s enorm schnell eingebracht. 2400 Meter an einem Tag zu verlegen, ist die hochgesteckt Ziel. Der Tiefbau verursacht 80 Prozent der Kosten. Selbsthilfe und Tempo sind da ein Muss. Dennoch zahlt jeder der 85 Anschluss noch 1500 Euro fürs Andocken ans schnelle Netz.

Hubert Tenbusch ist zufrieden, wie die Loikumer Erfindung arbeitet. Sie hat sich inzwischen zur Geschäftsidee gemausert. Im Westfälischen Ascheberg besteht Nachfrage nach dem Kabelpflug. In der Brüner Bauerschaft hat sich auch ein Vertreter der Stadtwerke Rhede den Einsatz angeschaut.

Die Unterbauerschaft soll am Jahresende verkabelt sein. Obst- und Spargelbauer Heinz-Wilhelm Hecheltjen freut sich schon auf schnelle Daten - für seinen Sohn, der den Anschluss ersehnt. Absehbar wird die als zukunftsfest geltende Glasfaser im Außenbereich Alltag sein. Dann können sich die Selbsthelfer mit vielen Bildern an ihren großen Einsatz erinnern.

(RP)
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