Rheinberg Der Lebensabend ist versalzen

Rheinberg · In Borth bekommen Hauseigentümer zunehmend die Folgen des untertägigen Steinsalzabbaus zu spüren. Das 138 Jahre alte Bauernhaus von Willi und Marlies Amtmann an der Borther Straße weist schon massive Schäden auf.

Borth An der Zimmerdecke: breite Risse. Am Fußboden: ebenfalls breite Risse. Die alten Steingutfliesen in der Diele: abgesprungen. Die Treppe zum Keller: verzogen. Und die Decken im Keller: mit Stützpfeilern unterfangen, damit sie nicht einkrachen. Keine Wand, kein Raum, keine Stelle im alten Bauernhaus von Willi und Marlies Amtmann an der Borther Straße in Borth, wo nicht irgendetwas kaputt ist. "Das sind die Folgen des Salzabbaus", sagt der 78-jährige Hauseigentümer. "Das ganze Haus kann man eigentlich nur noch abreißen, denn es hat zu allem Überfluss auch noch eine Schieflage. Und von außen ist das Haus bereits komplett neu verfugt worden."

In vierter Generation

"Abreißen", sagt Amtmann, und man spürt sofort, dass er das nicht so meint. Denn der alte Bauernhof am Borther Ortsrand – bis 1989 betrieb er ihn selbst – ist in vierter Generation in Familienhand. Vater, Großvater, Urgroßvater – sie alle waren in dem 1872 errichteten Gebäude zu Hause. "Dann hängt man an so einem Haus", betont die 76-jährige Marlies Amtmann.

Vor rund sechs Jahren hätten sie die ersten Haarrisse bemerkt, erzählen die Amtmanns. Wie ihnen erging und ergeht es auch Nachbarn wie Willi Utzerath von der Hesperstraße oder Gerhard Janssen von der Borther Straße. "Was jetzt unsere Häuser kaputt macht, sind die Auswirkungen des Abbaus, der 20 Jahre und länger zurückliegt", weiß Utzerath.

Das Problem, das die betroffenen Borther haben: Die Solvay-Tochter Cavity GmbH, die die Altschäden abwickelt, tut sich schwer damit, die Schäden als Bergschäden anzuerkennen. Noch vor zwei Jahren schrieb die Cavity GmbH dem Ehepaar Amtmann, dass "kein ursächlicher Zusammenhang zwischen bergbaulichen Bodenbewegungen und den vorgefundenen Schäden" auszumachen sei.

Nicht der Salzabbau allein, auch die LINEG als Entwässerungs-Genossenschaft und die Bodenbeschaffenheit seien mit verantwortlich. Deshalb sei Cavity nur bereit, ein Drittel der Schadenssumme zu übernehmen. Das könne man doch nicht akzeptieren, meinen Amtmann, Utzerath und Janssen. Wenn man bedenkt, dass ein Gutachten für die Reparatur des Amtmann-Hauses Kosten in Höhe von 151 000 Euro ausweist. Nur für das Vorderhaus und nur, um die Standsicherheit zu garantieren. "Innendrin ist dann noch nichts passiert", so Willi Amtmann.

Traum vom ruhigen Lebensabend

Der frühere Landwirt und seine Frau hatten sich eigentlich darauf eingestellt, einen geruhsamen Lebensabend in ihrem Haus zu verbringen. Jetzt aber werden sie in den Verband bergbaugeschädigter Haus- und Grundeigentümer (VBHG) eintreten und sich anwaltlich vertreten lassen. "Wir werden uns wehren", sagt Willi Amtmann.

(RP)
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