Alpen Der "Dittsche vom Niederrhein"

Alpen · Im Bademantel hat der Xantener Büttenredner Nico Stölzer in dieser Session sein Alter Ego gefunden. Er ist alles andere als verschlafen, wenn er in seinem Programm erstmals politisch wird und das Thema Flüchtlingsströme aufgreift.

Nico Stölzer in der Bütt — der Bademantel zeugt für die Liebe zum Fußball. Trotz Schlafmütze ist der Büttenredner auf der Bühne stets ausgeschlafen. Zwischendurch gönnt sich der Ditsche-Fan einen kräftigen Schluck aus der Bier-Flasche.

Nico Stölzer in der Bütt — der Bademantel zeugt für die Liebe zum Fußball. Trotz Schlafmütze ist der Büttenredner auf der Bühne stets ausgeschlafen. Zwischendurch gönnt sich der Ditsche-Fan einen kräftigen Schluck aus der Bier-Flasche.

Foto: Armin Fischer

Alle Narren haben Bilder von Flüchtlingen im Kopf, wenn Nico Stölzer in seiner aktuellen Büttenrede erzählt, wie sie Personenströme kanalisieren, um sich ihre Wege und Umwege zu suchen. Doch dann werden die Bilder im Kopf vom Xantener in der Bütt überraschend gestoppt - wenn er erklärt, dass es um die Ströme gehe, die sich einen Umweg nehmen, seitdem die Burgstraße mitten im Alpener Ortskern gesperrt ist. Die Pointe sitzt. Die Narren prusten vor Lachen, eine Explosion der guten Laune wie am Samstagabend bei der Büttensitzung des Spielmannszuges Menzelenerheide.

Stölzer bleibt nicht auf der Burgstraße stehen. Er setzt sich dann mit der Europäischen Union auseinander, in der sich viele Menschen nicht wiederfinden würden.

Während die meisten Büttenredner - auch die, die schon einmal im Fernsehen auftreten - das schwierige, kontrovers diskutierte Thema Flüchtlingsströme gerne großräumig umschiffen, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, in unkalkulierbares Fahrwasser zu geraten, steuert der Xantener Büttenredner mitten hinein in den Nebel. Dabei kennt er die komplizierte Situation, die sich kaum mit Worten fassen lässt, ohne zu verharmlosen oder sich ins Abseits zu stellen. "Das Wort Flüchtlinge oder Asylbewerber kommt in meiner Rede deshalb nicht vor", stellt der Altherrenkicker von FC Viktoria Birten klar.

Vielmehr thematisiert der Fan von Rot-Weiß Essen und Werder Bremen die Sprachlosigkeit, die auf offizieller Ebene herrscht, selbst wenn Politiker eigentlich immer etwas zu sagen haben. "In dieser Session ist meine Rede zum ersten Mal politisch", sagt der 38-jährige Xantener, der in der Nähe von Magdeburg aufgewachsen ist, als da noch der "antifaschistische Schutzwall" stand, wie die Mauer im DDR-Jargon hieß. "In der DDR hat jeder gelernt, das auszudrücken, was nicht gesagt werden durfte", erzählt der Industriemechaniker, der bei Imi (früher Nogren) in Alpen arbeitet. Und er ergänzt, während er seine Mundwinkel nach oben zieht: "Obwohl ich in der DDR aufgewachsen bin, bin ich bekennender Europäer."

Mit dem Wechsel zum politischen Büttenredner, der sich in der Tradition der Aschermittwochsredner sieht, hat er sein Äußeres verändert. Nico Stölzer erscheint mit Bademantel auf der Bühne. Doch er alles andere als verschlafen. Zwischendurch lässt er gern ein Pils durch seine Kehle "perlen".

"Ich schaue mir gerne Dittsche im Fernsehen an", bekennt Nico Stölzer sich zur Anleihe bei dem Komiker aus dem Norden. "Aber Olli ist anders. Er macht mehr Klamauk. Ich bin politischer. Außerdem reime ich."

Trotzdem hat er über sein Alter Ego seine Rolle als "niederrheinischer Dittsche" gefunden. Aber er nennt sich weiter "'ne Birtener Jung", wie seit zwölf Jahren, die er in die Bütt steht. "Ich kann mir selber keinen Namen geben", sagt Nico Stölzer, der in dieser Session zu närrischer Hochform aufgelaufen ist. "Das kommt alles von ganz alleine."

Auch Fernsehanfragen? "Nach Sitzungen werde ich schon mal von Narren gefragt, ob ich schon mal im Fernsehen war", erzählt der "niederrheinische Dittsche". Dann antwortet er verschmitzt: "Andere können das doch viel, viel besser. Nein, so was wär' nix für mich. Vor Ort bekomme ich einen Bonus eingeräumt, wenn ich mal einen schwächeren Auftritt habe oder mal kompliziertere Bilder male wie in diesem Jahr."

Die nächsten Auftritte stehen bereits fest: Nico Stölzer ist noch sechs Mal im Karneval zu sehen. Der nächste Auftritt ist am Samstag, 23. Januar, 19.11 Uhr. Im Adlersaal in Menzelen-Ost tritt er bei der Büttensitzung im Rahmen des Winterfestes der Schützenbruderschaft St. Michael 1683 - St. Walburgis 1912 auf.

Ein Heimspiel hat Stölzer dann am Sonntag, 31. Januar. Dann steigt er beim Karnevalsfrühschoppen bei seinem Klub SV Viktoria Birten in die Bütt.

(RP)
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