Rheinberg "Couchas" in Budberg ist bald Geschichte

Rheinberg · Heidi und Wilfried Albeck schließen die Bahnhofsgaststätte nach 33 Jahren. Morgen fließt der letzte "Bahnhofsgeist".

 Heidi (mit einer Flasche "Bahnhofsgeist") und "Coucha" Albeck hinter dem Tresen ihrer Bahnhofsgaststätte. Das Lokal wird geschlossen, das Haus umgebaut, die Remise wird abgerissen.

Heidi (mit einer Flasche "Bahnhofsgeist") und "Coucha" Albeck hinter dem Tresen ihrer Bahnhofsgaststätte. Das Lokal wird geschlossen, das Haus umgebaut, die Remise wird abgerissen.

Foto: Olaf Ostermann

Morgen Abend (oder wahrscheinlich eher am frühen Sonntagmorgen) ist es soweit: Heidi und Wilfried "Coucha" Albeck werden sich von ihren treuen Gästen verabschieden und dann die Türe der Budberger Bahnhofsgaststätte abschließen. Für immer. Denn eine der letzten urigen Rheinberger Gaststätten schließt. Mehr als 100 Jahre gab es am Tresen der Bahnhofspinte immer ein frisches Pils oder ein leckeres Alt. Das ist nun vorbei. Denn der neue Eigentümer wird das Haus umbauen und privat nutzen.

"Ja, Wehmut ist schon mit dabei", gesteht Heidi Albeck, und ihr Mann stimmt der 61-Jährigen nickend zu. "Wir haben das Lokal 33 Jahre lang betrieben, und zwar immer gerne", so der 63-Jährige. Die beiden sind gebürtige Budberger, haben ihr Leben lang im Ort gelebt und werden auch künftig in Budberg bleiben. Sie ziehen allerdings um. "Die Gaststätte war immer nur ein Nebenerwerb für uns", erzählt "Coucha" (sprich: Kucha), der diesen Spitznamen schon seit Kindertagen trägt. "Damals", so erinnert er sich, "gab es einen in der Gegend bekannten Fußballer namens Max Kuchatzik. Weil ich so ähnlich gespielt habe wie er, haben meine Freunde mir den Namen Coucha verpasst."

"Couchers Remise" steht auch auf dem Nebengebäude, das aussieht wie eine kleine Scheune. Ein separater Raum für Feste. Unzählige Rheinberger (und nicht nur die) haben dort schon Geburtstage, Hochzeiten oder Jubiläen gefeiert. 1984 haben die Albecks die Remise gebaut, 1992 wurde sie erweitert - nun wird sie bald von der Bildfläche verschwinden. "Wir waren damals Pioniere mit der Idee, einen separaten Raum zum Feiern anzubieten", erinnert sich Wilfried Albeck. "Das kam bei den Leuten an. Ebenso wie unsere Terrasse, das hat vor 30 Jahren auch kaum eine Wirtschaft gehabt." Vor fünf Jahren bauten die Albecks sogar noch eine zweite Terrasse zur Rheinkamper Straße hin an. Das alles ist bald passé. Mitte der neunziger Jahre habe ein schleichender Prozess eingesetzt, die Gäste wurden überall weniger. "Seitdem lief es nicht mehr so gut", so Heidi Albeck. Die Stammgäste kamen zwar noch, und das Lokal war auch bis fast zum Schluss von mittwochs bis sonntags von morgens um 10 Uhr bis nachts geöffnet, zusätzlich dienstags ab 16 Uhr. Es kamen Sportclubs und Skatrunden, und zum Schluss immer mehr Jugendliche. Aber die, so wundern sich die Wirtsleute, laufen erst abends um 22 oder 23 Uhr ein "und wollen dann am liebsten bis morgens um fünf durchziehen".

Wer stets hinter der Theke steht, kriegt viel mit und weiß oft mehr über die Gäste als deren Angehörigen. "Man muss verschwiegen sein", so Heidi Albeck, die befürchtet, dass es die typischen Eckkneipen bald kaum noch geben wird. Das Nichtraucherschutzgesetz und Nachbarn, die sich beschweren, haben auch den Albecks das Gastronomendasein verleidet. "Heute kommen ja nur noch die an die Theke, die nicht organisiert sind. Wer im Verein ist, trinkt sein Bier lieber dort, weil es überall Vereinsheime gibt", bedauert Coucha Albeck.

Und morgen? "Wir sind ab 10 Uhr da", so der Wirt. "Wer kommt, der kommt. Voll wird es auf jeden Fall." Dann wird das Bier noch einmal fließen. Und vielleicht geht auch die letzte Flasche "Bahnhofsgeist" weg. Bärenfang mit Rum gemischt, eine Rezeptur, die Coucha selbst erfunden hat und die als Spezialität des Hauses gilt. Nicht nur den Gästen, auch Dieter Rösl werden die Albecks danken, weil er viele Jahre an der Theke mit angepackt hat.

In Zukunft will sich das Budberger Ehepaar ins Privatleben zurückziehen. "Dann haben wir endlich mal Zeit für unsere vier Enkelkinder", sagte Heidi Albeck. Die Ära "Bahnhofsgaststätte" ist dann Geschichte. Seit 1922 gab es dort übrigens nur drei Pächter: Familie Hillen (1922 bis 1957), Familie Leßmann (1957 bis 1982) und Familie Albeck (1982 bis 2015).

(RP)
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