Alpen Bauherr setzt auf Kraft der Flüchtlinge

Alpen · Klaus Träger hat in der Bönninghardt einen Kuhstall umgebaut. Doch die Umnutzung als Wohntrakt wird ihm verwehrt.

 Klaus Träger vor seinem schicken Lagerhäuschen: Er kann nicht verstehen, dass das, was die Baubehörde verlangt hat, nun gegen ihn ausgelegt wird.

Klaus Träger vor seinem schicken Lagerhäuschen: Er kann nicht verstehen, dass das, was die Baubehörde verlangt hat, nun gegen ihn ausgelegt wird.

Foto: Armin Fischer

Die Not ist groß in den Rathäusern. Seit Monaten stehen täglich neue Flüchtlinge vor der Tür, die untergebracht werden müssen. Dabei gibt der Wohnungsmarkt längst kaum noch was her. Um sich ein wenig Luft zu verschaffen, werden Turnhallen oder wie in Alpen die Tennishalle belegt. Klaus Träger aus der Bönninghardt (55) hätte da eine Idee: "Im ländlichen Außenbereich wäre jede Menge Potenzial", sagt der Mann, der sich vor zehn Jahren am Mühlenweg einen ehemaligen Bauernhof gekauft und zum Wohnsitz umgebaut hat. "Ich hätte kein Problem eine nette syrische Familie aufzunehmen", sagt der Kaufmann - allerdings nicht ohne Eigennutz.

Denn sein Antrag auf Umnutzung des alten Kuhstalls zu Wohnzwecken liegt seit Jahren auf Eis. Die Flüchtlingskrise, so sein Kalkül, könnte Bewegung in die vertrackten Clinch bringen, den der streitbare Mann mit der Bauaufsicht beim Kreis Wesel ausficht.

 So hat's hier auf dem Bauernhof in der Bönninghardt einst ausgesehen, bevor der Bauherr Hand anlegen ließ.

So hat's hier auf dem Bauernhof in der Bönninghardt einst ausgesehen, bevor der Bauherr Hand anlegen ließ.

Foto: Träger

Als Indiz dafür, dass die besonderen Umstände den strengen Schutz für Außenbereich aufweichen könnten, führt er eine Erfahrung an, die er jüngst am Telefon gemacht hat. Er habe bei der Bezirksregierung angerufen und sei direkt zum Krisenstab für Flüchtlingsunterbringung durchgestellt worden. "Dort fand man meinen Vorschlag höchst interessant", berichtet der Vater von drei Kindern, der sich mit seiner Familie sehr wohl fühlt da draußen auf dem mehr als 100 Jahre alten Bauernhof.

Den hat Gabriele Verhülsdonk (62) einst mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann bewirtschaftet. Sie kann sich noch gut daran erinnern, dass Kühe in dem Nebengebäude muhten, der mit weiß verputzten Wänden, einem Windfang, dem weißen Rolltor, weißen Kunststofffenstern und einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach kaum noch an einen Stall denken lässt, der er einmal war. Und in der modernen Verkleidung, im Lifting des einstigen bäuerlicher Nutzgebäudes liegt das Problem. Während Klaus Träger und sein Architekt der Meinung sind, dass die Veränderungen kosmetischer Natur sind, sehen's die Behörden anders.

Für den Kreis Wesel ist der bauliche Eingriff in den alten Kuhstall so gravierend, dass der Bestandsschutz für das alte, baulich ertüchtigte Gemäuer auf immer verloren ist. Und damit die Chance, hier mit amtlichen Segen einzuziehen, um darin zu wohnen.

Das kann Träger überhaupt nicht verstehen, geschweige denn akzeptieren. Er bekräftigt, dass er nichts anderes gemacht habe, als ihm die Bauaufsicht vor sieben Jahren aufgetragen habe, als er den Umnutzungsantrag für das Stallgebäude gestellt habe. "Da hat es geheißen, dass die Bausubstanz zu instabil sei, die Kopfhöhe zu niedrig, das Dach marode", zählt der hartnäckige Bauherr auf. Um den Bestand zu erhalten habe er das Satteldach saniert, es auf amtliches Geheiß etwas abgeflacht - ein Knick im Giebel zeugt davon. "Die geringfügige Anhebung des Daches hat sich durch die statisch erforderliche Betonrähm ergeben", schreibt der Architekt. Gebäudeöffnungen wie Fenster oder Türen seien unverändert - nur das alte Holz durch Kunststoff ersetzt. "Die äußere Gestalt ist zu 100 Prozent erhalten", so der ausgebremste Bauherr.

Ihn wurmt, dass der Kreis die bauliche Operation zwar abgesegnet hat - allerdings mit dem für ihn folgenschweren Befund, dass der Eingriff so massiv sei, dass der Bestandsschutz futsch sei und damit Wohnen im Stall unmöglich.

Nun hofft Träger, dass die strenge Sicht der Bauaufsicht nicht in Beton gemeißelt ist. Und er hat die leise Hoffnung, dass der Druck des Flüchtlingsstroms die behördlichen Mauern erschüttert. Bis dahin bleibt der Stall, was er seit Jahren ist: Ein großes Lager für alles, was sonst irgendwo im Weg läge.

(RP)
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