Rheinberg Awo-Kaufvertrag mit der Stadt geplatzt

Rheinberg · Nach monatelangem Hickhack teilte der Kreisverband gestern mit, dass er das Verwaltungsgebäude an der Ritterstraße/Alte Rheinstraße in Rheinberg nicht mehr bauen wird. Die Stadt muss nun knapp 278.000 Euro zurückzahlen.

 Michaela Vervoort und Ralf Winstroth von der Bürgerinitiative freuen sich.

Michaela Vervoort und Ralf Winstroth von der Bürgerinitiative freuen sich.

Foto: Fischer Armin

Die politische Sommerpause in Rheinberg ist gestern mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen: Der Kreisverband Wesel der Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat mitgeteilt, dass er von dem für das Grundstück Alte Rheinstraße/Ritterstraße mit der Stadt Rheinberg geschlossenen Kaufvertrag zurücktritt. Das Schreiben sei gestern im Stadthaus eingegangen, teilte Bürgermeister Frank Tatzel mit. Die Awo mache von dem im Kaufvertrag vereinbarten Rücktrittsrecht Gebrauch.

Das dürfte das Ende für das umstrittene Bauprojekt sein. Gebaut werden sollte ein Verwaltungsgebäude mit Seniorenbegegnungsstätte. Es beherrschte seit Monaten die Diskussion. Die Frage, ob die Awo Rheinberg nun endgültig den Rücken kehrt oder ob noch einmal nach einem Alternativstandort gesucht wird, blieb unbeantwortet: Bernd Scheid, Geschäftsführer des Kreisverbandes, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

 Die Arbeiterwohlfahrt ist vom Kaufvertrag zurückgetreten. Den geplanten - und sehr umstrittenen - Neubau wird es an dieser Stelle nicht geben.

Die Arbeiterwohlfahrt ist vom Kaufvertrag zurückgetreten. Den geplanten - und sehr umstrittenen - Neubau wird es an dieser Stelle nicht geben.

Foto: Fischer Armin

Unterdessen knallten bei der Bürgerinitiative "Rund um den Pulverturm" die Sektkorken. "Wir haben es geschafft!", jubelte Sprecherin Michaela Vervoort in einem Schreiben. "Rheinberg wahrt seine Geschichte, statt sie zu betonieren, und das Stadtburgareal bleibt allen Rheinbergern für die Zukunft erhalten. Wir sind sehr glücklich über diese Entwicklung und sagen danke."

Auch ihr Mitstreiter Ralf Winstroth freute sich. "Wir werden mit Glückwünschen überflutet", sagte er. "Wenn sich die Awo jetzt allerdings dazu entschließen sollte, die Stadt ganz zu verlassen, fänden wir das sehr bedauerlich." Vielleicht,so Winstroth, habe man beim Sozialverband erkannt, dass ihm ein beschwerlicher Weg bevorstehe. Der Arbeitskreis der Pulverturm-Initiative werde sich kurzfristig treffen. Geplant sei auf jeden Fall ein Fest für alle Mitstreiter. Ralf Winstroth: "Für uns ist das der beste Ausgang, den man sich erhoffen konnte."

 Erich Weisser (CDU)

Erich Weisser (CDU)

Foto: Armin Fischer

"Ich bin als gebürtiger Rheinberger erleichtert, dass eine Entscheidung gefallen ist", sagte Frank Tatzel. "Für das Stadtburgareal gibt es sicher im Rahmen des integrierten Handlungskonzeptes gute Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Es ist für die Awo schade, dass die vorgesehene Investition mit solchen Problemen behaftet war. Ich stehe der Awo natürlich weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung."

Der Kaufvertrag war am 19. Oktober unterzeichnet worden. Am 24. Juni hat die Stadt der Awo bestätigt, dass der Bauantrag am 18. März vollständig vorgelegen habe. Der notarielle Kaufvertrag sieht allerdings vor, dass die Awo innerhalb von acht Wochen von dem Vertrag zurücktreten kann, wenn nicht fünf Monate nach vollständiger Antragstellung die Baugenehmigung erteilt oder abgelehnt wird. Diese Fünf-Monats-Frist endete am 18. August. Der Rücktritt vom Kaufvertrag hat zur Folge, das der Kaufpreis in Höhe von 277.830 Euro an die Awo zurückgezahlt werden muss.

 Jürgen Madry (SPD)

Jürgen Madry (SPD)

Foto: Fischer Armin

In der Politik wird die Entscheidung der Awo unterschiedlich bewertet. Erich Weisser (CDU) sagte: "Wir sind froh, dass sich die Awo von selbst zurückzieht." Nach verschiedenen Versuchen, einen Alternativstandort in Rheinberg zu finden, "sind wir erleichtert, dass es jetzt eine Lösung gibt". Vom Bürgerprotest sei man überrollt worden: "Damit haben wir nicht gerechnet." Jürgen Madry (SPD) betonte: "Ich bin sehr enttäuscht über die Entscheidung der Awo." Er habe sich persönlich für das Vorhaben eingesetzt. Nun müsse die Stadt mit Schadensersatzforderungen rechnen. Und: "Das Grundstück ist nicht vermarktet und wird auch künftig schwer zu vermarkten sein."

 J. Bartsch (Grüne)

J. Bartsch (Grüne)

Foto: Armin Fischer

Jürgen Bartsch (Grüne) machte deutlich, dass seine Partei den Standort für nicht geeignet gehalten habe - "aber wir hoffen, dass Rheinberg für die Awo eine Option bleibt". Herbert Becker (FDP) gab sich selbstkritisch: "Das Thema ist von Verwaltung und Politik ganz schlecht kommuniziert worden. Es ist von uns lange diskutiert worden, ohne die Bürger mitzunehmen."

 Herbert Becker (FDP)

Herbert Becker (FDP)

Foto: Fischer Armin

Für Andreas Imhof (Linke) stand fest: "Das war abzusehen und ist bedauerlich. Grund ist eine katastrophale Leistung der Verwaltung." Enttäuschend sei auch gewesen, dass CDU und Grüne umgeschwenkt seien, nachdem sie zunächst zugestimmt hatten.

(up)
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