Rheinberg Aus dem Solvay-Werk West wird Inovyn

Rheinberg · Die Chemieriesen Solvay und INEOS haben nach zweijähriger kartellrechtlicher Prüfung durch die EU-Kommission ein Joint-Venture besiegelt. Das betrifft auch Rheinberg: 400 der 800 Mitarbeiter wechseln in das neue Unternehmen.

 Solvay-Werkleiter Dr. Richard Rösler (li.) und Inovyn-Geschäftsführer Dr. Michael Klumpe enthüllten gestern das neue Schild vor dem Verwaltungsgebäude an der Ludwigstraße.

Solvay-Werkleiter Dr. Richard Rösler (li.) und Inovyn-Geschäftsführer Dr. Michael Klumpe enthüllten gestern das neue Schild vor dem Verwaltungsgebäude an der Ludwigstraße.

Foto: Armin Fischer

"Der Solvay-Standort Rheinberg ändert sein Gesicht, aber nicht seine Form", unterstreicht Dr. Richard Rösler, seit 2008 Leiter des Rheinberger Solvay-Werkes. Tatsächlich ist mit Wirkung zum 1. Juli eine gravierende Änderung im Industriepark Rheinberg eingetreten: Mit der Inovyn Deutschland GmbH ist ein neues Gemeinschaftsunternehmen von Solvay und dem Schweizer Chemie-Unternehmen INEOS entstanden. Dieses Joint-Venture ist auf drei Jahre angelegt, danach übernimmt INEOS das neue Unternehmen komplett.

Der mehr als 100 Jahre alte Chemiestandort Rheinberg ist, grob gesagt, halbiert worden: Der östliche Werkteil mit der Soda-Produktion als Kernbereich sowie dem Kraftwerk, den technischen Diensten und der Ausbildung bleibt bei Solvay, der westliche Teil (Richtung Millingen) ist jetzt Inovyn. "Dort ist ein wettbewerbsfähiges, robustes Unternehmen für 405 ehemalige Solvay-Mitarbeiter entstanden, die allesamt in die neue Gesellschaft gewechselt sind", so Rösler.

Der Wechsel sei reibungslos verlaufen, so der neue Geschäftsführer und Werkleiter Dr. Michael Klumpe: "Wir haben den ganzen Prozess transparent gestaltet und alles kommuniziert." Klumpe ist selbst Betroffener: 27 Jahre lang war der Chemiker Solvayaner, unter anderem leitete er von 2000 bis 2005 die Allychlorid- und Epichlorhydrinanlage (AE) im Westteil, die jetzt Bestandteil des neuen Unternehmens ist. Michael Klumpe kennt den Laden also bestens, so wie er die Stadt und das Umfeld kennt: Er lebt mit seiner Familie seit mehr als 20 Jahren in Rheinberg. Der Wechsel in ein anderes Unternehmen sei für ihn eine Selbstverständlichkeit.

Zu Inovyn gehören nun die VC-, PVC- und AE-Fabriken, die Elektrolyse, die Di- und Polyglycerinanlage, außerdem das Zentrallabor sowie die Verwaltung an der Ludwigstraße, die Werkfeuerwehr, der Arbeitsmedizinische Dienst und der Werkschutz. Inovyn stellt die chemischen Grundstoffe für Produkte her, die sich später im täglichen Leben wiederfinden: Fenster, Kabel, Rohre, Kunststoffteile im Auto, Verpackungen oder Zubehör für die Elekro- und Bauindustrie.

"Der Chemie-Standort Rheinberg wird sich jetzt noch mehr zu einem Industriepark entwickeln", sagt Dr. Rösler und verweist auf die finnische Kemira (Eisen3-Chlorid, seit Ende der neunziger Jahre in Rheinberg) und die Luftzerlegungsanlage von Praxair, die bereits zum Industriepark gehören. Betreiber des Industrieparks werde weiter Solvay mit noch etwa 400 Mitarbeitern sein, so Rösler. Hinzu kommen ca. 350 Beschäftigte von Partnerfirmen, etwa für die Instandhaltung.

Inovyn hat den Hauptsitz in London, es gibt 18 Werke in acht europäischen Ländern (u. a. Frankreich, Italien, Großbritannien, Niederlande) mit 4300 Mitarbeitern. Der Jahresumsatz liegt bei 3,5 Milliarden Euro, die jährliche Produktionsmenge bei 40 Millionen Tonnen.

Als Gründe für das Joint-Venture nennen Rösler und Klumpe, die sich auf die Zusammenarbeit freuen, die weltweit veränderten Rahmenbedingungen in der chemischen Industrie. Um etwa der starken Konkurrenz aus China standhalten zu können, müsse man sich spezialisieren und versuchen, Marktführerschaften herauszubilden.

Dass die Prüfung des Joint-Ventures durch die EU-Kommission wegen kartellrechtlicher Bedenken zwei Jahre gedauert habe, sehen die beiden Chefs gelassen: "Das ist in einem solchen Fall normal." Schließlich sei Inovyn unter anderem bei der Produktion von Chlor und Natronlauge Marktführer.

(RP)
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